Präses Schneider liegt Dialog mit Katholiken am Herzen

Zum gemeinsamen Zeugnis verpflichtet

„Die Ökumene ist mir eine Herzensanliegen“, so Präses Schneider nach der Wahl zum neuen EKD-Ratsvorsitzenden im domradio.de-Interview. Der rheinische Präses will die Debatte um die Präimplantationsdiagnostik neu anstoßen. Vorallem will er aber "das Evangelium durch die Zeit" tragen.

Autor/in:
Heike Sicconi
 (DR)

domradio: Haben Sie sich über das gute Ergebnis gefreut? Immerhin haben Sie 135 von 143 gültigen Stimmen bekommen.

Präses Schneider: Ja, darüber habe ich mich sehr gefreut. Das streichelt natürlich die Seele. Das empfinde ich als Anerkennung für die Arbeit, die ich bisher geleistet habe und als ein großes Vertrauen in mich.  



domradio: Und Sie haben es jetzt schon angesprochen, sie haben das Amt seit rund acht Monat sowieso schon kommissarisch inne, nachdem Margot Käßmann ihr Amt nach einer Alkoholfahrt niedergelegt hatte, bringt die Wahl denn nun überhaupt eine Veränderung für Sie?

Präses Schneider: Eine Veränderung bringt sie schon für mich, denn ich habe jetzt auch das Mandat öffentlich aufzutreten. Ich habe es ja vorher sozusagen aus der Stellvertreterposition heraus wahrgenommen. Da hatte ich schon selber das Gefühl, jetzt betreibst Du erst einmal das laufende Geschäft und hältst Dich mit eigenen Akzentsetzungen zurück, aber das kann nun anders werden.





domradio: Margot Käßmann hatte ja Akzente gesetzt, große Erwartungen geweckt, wichtige Themen angestoßen, wie zum Beispiel die Afghanistan-Debatte. Wo wollen Sie ihren Schwerpunkt setzen?

Präses Schneider: Ich will einen Schwerpunkt setzen bei der Frage, wie wir von Gott reden. Ich will einen Schwerpunkt setzen bei allem Bemühen Menschen zu vertrauen, in unseren Gott einzuladen, der sich in Jesus Christus in seiner ganzen Menschenfreundlichkeit uns offenbart hat. Ich will mich dafür einsetzen, dass Menschen dadurch in ihrem Herzen gewiss werden und fest werden, weil sie nämlich dann wissen, ich bin nicht das Produkt meiner Leistungen. Es geht nicht um eine ökonomische  Verwertbarkeit, es geht nicht darum, ob ich groß, klein, alt, jung, schön oder häßlich bin, wie leistungsfähig ich bin, ob ich behindert bin oder nicht. - Sondern, ich bin ein von Gott geliebter Mensch und zwar ganz grundsätzlich in allen meinen Lebenssituationen, eben beim Versagen, aber auch beim Erfolgreich sein. Das ist für mich der ganz wesentliche Punkt, den wir stark machen müssen, dafür sind wir als Kirche da, um das Evangelium durch die Zeit zu tragen. Der ganze Rest, der notwendig ist, ist Folge. Nämlich dass wir dann auch die Dinge anpacken können, die wichtig sind und notwendig sind, aber eben mit dem Gewissen und diesem festen Herzen.



domradio: Ob ich behindert bin, das haben Sie jetzt gerade gesagt, das spielt keine Rolle. Das passt ja zu der ersten Feuerprobe, die Ihnen bevorzustehen scheint, nämlich die Debatte um die Präimplantationsdiagnostik - kurz PID.  Sie haben sich im Vorfeld der Synode nicht wie die katholischen Bischöfe, aber auch wie einige Ihrer evangelischen Kollegen für ein kategorisches Verbot ausgesprochen, sondern  Ausnahmen in sehr begrenztem Umfang  nicht ausgeschlossen.  

Präses Schneider: Also ich habe es so formuliert, mir geht es darum, dass wir diese Debatte noch einmal führen und zwar habe ich die betroffenen Eltern im Blick, die in ihrer Not in der PID eine Hilfe sehen. Diese Debatte will ich noch einmal führen, weil ich der Meinung war, nach dem BGH-Urteil können wir nicht einfach die Position von 2003 wiederholen. Wir müssen uns kundig machen, was es seitdem gegeben hat in der wissenschaftlichen und in der medizinischen Entwicklung. Denn wir brauchen eine Ethik, die mit der Wissenschaft und der Medizin mitgeht - deshalb muss ich sie kennen, das ist Punkt eins. Punkt zwei, ich hatte immer ein gewisses Unbehagen,  dass sich unsere ethischen Vorstellungen sozusagen exklusiv auf die Petri-Schale bezogen bzw. dort auf den befruchteten Embryo. Werdendes Leben, eine menschliche Persönlichkeit gibt es nicht ohne das Heranreifen im Mutterleib und deshalb gehört die Mutter immer in diese ethischen Überlegungen mit hinein, weil Leben immer Beziehungsleben ist und diese Dimension kam mir bisher zu wenig vor und darum möchte ich auch ringen, dass wir diesen weiteren Aspekt in unseren Überlegungen mit aufnehmen.



domradio: Was uns vom domradio natürlich sehr interessiert, wie steht es um die Ökumene? Welche Schritte wollen Sie als nächstes mit Erzbischof Zollitsch, dem Vorsitzenden der katholischen Bischofskonferenz gehen?

Präses Schneider: Erzbischof Zollitsch hat mir sofort einen sehr liebevollen und freundlichen Brief geschrieben. Wir sind schon im Gespräch miteinander und die Ökumene ist mir ein Herzensanliegen. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass das stimmt, was mein Vorvorgänger im Amt, Peter Beier (Anmerkung der Redaktion: Beier war von 1989-1996 Präses im Rheinland) einmal gesagt hat, die Menschen werden uns in Zukunft nicht mehr fragen: "Bist Du evangelisch oder katholisch?", sondern sie werden uns fragen: "Bist Du Christ oder Christin und woran erkennt man das?". Von daher, wir sind zum gemeinsamen Zeugnis und Dienst in dieser Welt verpflichtet.



domradio: Jetzt haben Sie ja im Moment zwei Ämter: Präses im Rheinland und EKD-Ratsvorsitzender. Das eine spielt sich eher in NRW ab und das andere eher in Hannover, wie werden Sie das regeln in der nächsten Zeit?

Präses Schneider: Da gibt es ja eingefahrene Verfahren, das Amt des Ratsvorsitzenden ist ein Ehrenamt, mein Brotberuf ist Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und das wird auch weiter der Schwerpunkt meiner Arbeit sein. Wir haben es schon so organisiert, dass die Kommunikation zwischen Düsseldorf und Hannover, übrigens auch Berlin und Brüssel, dass sie dann reibungslos funktioniert. Die Herausforderung wird sein, wie ich in der gebührenden Zeit an die verschiedenen Orte komme und da das richtige Maß zu finden, das wird die Herausforderung sein.