Castor-Atommüllzug läuft in Dannenberg ein

67 Stunden und 23 Minuten

Der Castor-Transport in das Zwischenlager Gorleben hat am Montagmorgen Dannenberg erreicht. Nach mehr als 67 Stunden Fahrt lief der Zug mit elf Behältern für hochradioaktiven Müll um 09.26 Uhr in den Bahnhof Dannenberg-Ost ein. Der Atommüllzug war am Freitagnachmittag gegen 14.00 Uhr im nordfranzösischen Valognes gestartet. Seine Fahrt durch Deutschland wurde immer wieder durch Blockaden von Atomkraftgegnern verzögert.

 (DR)

Die Räumung der Schienenblockade von etwa 2.000 Castorgegnern im Wendland ist in der Nacht zum Montag zunächst weitgehend friedlich verlaufen. Die Aktion bei Harlingen nahe Hitzacker gehe schleppend, aber "absolut friedlich" voran, sagte ein Sprecher der Einsatzleitung der Polizei in Lüneburg der Nachrichtenagentur dapd. Die Bürgerinitiative "X-tausendmal quer" sprach von einem "verhältnismäßig friedlichen" Vorgehen der Polizei. Allerdings seien die erschöpften Beamten im Verlauf des Einsatzes rabiater geworden.



Vermittlung von Kirchenvertretern

Die Polizei begann die Räumung gegen 1.40 Uhr mit einem starken Aufgebot. Zunächst forderte sie die Demonstranten mehrmals auf, die Schienen zu verlassen. Von den Organisatoren kam dagegen der Aufruf "Sitzenbleiben!". Nur wenige leisteten der Aufforderung Folge. Daraufhin fingen die Beamten an, die Demonstranten von den Schienen zu tragen. Am Rande des Gleisbettes wurden sie dann zu abgesperrten Gebieten begleitet. Gegen 4.20 Uhr hatte die Polizei knapp die Hälfte der Castorgegner von den Schienen getragen.



Nach Angaben der Polizei wurde bei der Räumung eine junge Frau verletzt. Sie habe sich beim Wegtragen gewehrt und sei dabei aus dem Haltegriff der Polizisten mit dem Kopf auf die Erde gefallen, sagte der Sprecher der Einsatzleitung. Sie sei von Ärzten versorgt worden. Vonseiten der Castorgegner wurde dies zunächst nicht bestätigt.



Polizei und Castorgegner führten den weitgehend friedlichen Verlauf zurück auf ein sogenanntes Kooperationsgespräch unter Vermittlung von Kirchenvertretern. Nach Angaben von Wolfgang Ehmke, Sprecher der Bürgerinitiative (BI) Lüchow-Dannenberg, sollte mit einem solchen Runden Tisch ein "exzessiver Einsatz von Polizeigewalt" vermieden werden.



Lehren aus Eskalation vom Sonntag gezogen

Im Verlauf des Sonntags war es vor der schwierigsten Etappe des Castor-Transports ins niedersächsische Atommülllager Gorleben zu massiven Ausschreitungen gekommen. Die Polizei ging teils mit berittenen Beamten sowie Schlagstöcken, Wasserwerfern und Reizgas gegen zeitweise mehrere tausend Demonstranten vor, die immer wieder versuchten, die Bahnstrecke von Lüneburg zum Verladebahnhof in Dannenberg zu besetzen und den Schotter aus dem Gleisbett zu räumen. Einige Demonstranten warfen Feuerwerkskörper, Stöcke und Erdklumpen auf die Polizei und setzten einen Polizei-Räumpanzer in Brand.



Unterdessen forderte Sprecher der Anti-Atom-Organisation "ausgestrahlt", Jochen Stay, Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) auf, noch am Montag ins Wendland zu kommen und gemeinsam nach einem Auswege aus der "buchstäblich festgefahrenen Situation" zu suchen. "Der Castor-Transport steckt fest, weil Tausende von Bürgerinnen und Bürgern bei Minusgraden mit gewaltfreien Sitzblockaden die Strecke besetzt halten", betonte Stay. Die Situation lasse sich mit polizeilichen Mitteln nicht mehr lösen.



Der Castor-Transport war am Freitag im französischen La Hague mit 123 Tonnen hochradioaktivem Atommüll gestartet und sollte am Montag im Atom-Zwischenlager Gorleben ankommen. Am Sonntagnachmittag hatte sich der Zug gegen 18 Uhr auf die letzten 50 Kilometer Bahnstrecke gemacht. Zwei Stunden später musste er bei Dahlenburg wegen der Sitzblockade auf dem Weg zum Zielort Dannenberg einen Stopp einlegen.



In Dannenberg sollen die elf Castor-Behälter auf Straßentieflader umgeladen werden, auf denen sie die letzten 20 Kilometer bis ins Atom-Zwischenlager Gorleben zurücklegen. In den vergangenen Jahren war es auf dieser Strecke immer wieder zu Protesten und heftigen Auseinandersetzungen gekommen.