Erzbischof Marx verteidigt Sozialstaat

"Keine Gefahr für die Wirtschaft"

Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx hat dazu aufgerufen, die soziale Marktwirtschaft weiterzuentwickeln und krisenfest zu machen. Nur ein Wirtschaftssystem mit funktionierenden sozialen Sicherungen könne langfristig ökonomisch erfolgreich sein, sagte Marx bei der Eröffnung der Fachmesse ConSozial in Nürnberg.

 (DR)

Marx unterstrich, soziale Standards seien keine Gefahr für den deutschen Wirtschaftsstandort. Sie müssten vielmehr Beispiel sein für das europäische Staatensystem. Der Erzbischof warf der Bundesregierung vor, die Verursacher der Finanzkrise ungeschoren zu lassen und stattdessen die große Masse der Bürger mit den Kosten des Schuldenabbaus zu belasten. "Diese außerordentliche Ungerechtigkeit wird wachgehalten", sagte er zum Auftakt der führenden Fachmesse für den Sozialmarkt.



Marx warnte vor der Annahme, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise bereits ausgestanden sei. Deshalb müsse nicht nur die Erinnerung daran wachgehalten werden, wer die Krise ausgelöst habe, sondern auch die Frage diskutiert werden, "was wir ändern müssen, um künftig noch besser gerüstet zu sein," sagte der Theologe.



Der Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, Gerhard Timm, warnte vor Auswirkungen der Finanzkrise auf die Sozialwirtschaft in den kommenden Jahren. Timm erklärte, die hohen Staatsschulden könnten die öffentlichen Auftraggeber zum Sparen zwingen und die sozialen Standards der Gesellschaft gefährden. "Wir sind empört, dass die Marktregeln versagt haben und diejenigen, die schwere Fehler gemacht haben, nicht zur Rechenschaft gezogen werden."



Die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) forderte die Sozialwirtschaft auf, sich für ein besseres Ansehen der sozialen Berufe einzusetzen. Mehr Wertschätzung drücke sich in höherem Gehalt aus. "Es kann nicht sein, dass das Zusammenschrauben eines Autos mehr wert ist als die liebevolle Pflege eines alten Menschen", sagte die Ministerin. Wenn über höhere Pflegesätze gejammert werde, müsse sich jeder fragen lassen, was er sonst für Handyklingeltöne oder Urlaub auszugeben bereit sei.



Haderthauer verlieh in Nürnberg auch den mit 10.000 Euro dotierten ConSozial-Wissenschaftspreis an Barbara Mittnacht von der Universität Bremen. Die Wissenschaftlerin hat sich in ihrer Doktorarbeit mit Messinstrumenten für eine gute und nachhaltige häusliche Pflege befasst.



An der zweitägigen ConSozial unter dem Leitwort "Sozial wirtschaften - nachhaltig handeln" nehmen laut Veranstalter rund 5.000 Führungskräfte der Sozialbranche aus ganz Deutschland teil. Zeitgleich findet ein Kongress statt.