Niederlage auch wegen Stimmungswandels bei Katholiken

Obama abgestraft

Die Zwischenwahlen in den USA haben die von Demoskopen erwartete Niederlage für die Demokratische Partei von Präsident Barack Obama gebracht. Vor allen Dingen die katholischen Wähler haben Obamas Demokraten die Stimme versagt. Der Versuch einer Erklärung.

Autor/in:
Ronald Gerste
 (DR)

Die Republikaner gewannen bei den Kongresswahlen zwar eine Mehrheit im Repräsentantenhaus. Der vollständige Machtwechsel in der Legislative, der eine Mehrheit im Senat erfordert hätte, blieb ihnen allerdings versagt. Auch das mit großer Spannung verfolgte Duell im Bundesstaat Nevada zwischen Senatsmehrheitsführer Harry Reid und seiner Herausforderin von der "Tea Party", Sharron Angle, verloren die Rechtsausleger der Republikanischen Partei.



Erste Analysen waren einhellig, was der entscheidende Grund für den Dämpfer sei, den der Präsident und seine Partei zwei Jahre nach dem als historisch eingeschätzten Triumph vom November 2008 erhalten: die wirtschaftliche Lage und hier vor allem der Mangel an neuen Arbeitsplätzen. Doch auch andere Faktoren spielen eine Rolle. So gab es vor allem bei den katholischen Wählern einen beträchtlichen Wandel des Wahlverhaltens. Hatten US-Katholiken vor zwei Jahren Obama und seine Partei noch mit einer deutlichen 54-Prozent-Mehrheit unterstützt, so gaben diesmal laut Analyse der "New York Times" die Katholiken den Republikanern im Verhältnis 62 zu 38 den Vorzug. Demoskopen gehen sogar davon aus, dass dies der größte "Swing" ist, den überhaupt eine bestimmte Wählergruppe zu verzeichnen hat.



Ethische Fragen ausschlaggebend

Neben den wirtschaftlichen Sorgen - die Amerikas Katholiken nicht anders plagen als andere Bevölkerungsgruppen - dürften drei andere Politikfelder zu einer Desillusionierung beigetragen haben: Obama und mit ihm führende Demokraten im Kongress wie die nun abgelöste Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sind überzeugte Anhänger der seit 1973 geltenden liberalen Abtreibungsregelung. Einige konservativ regierte Bundesstaaten - und in Einzelfällen auch radikale Abtreibungsgegner, die Ärzte ermorden - hebeln diese Regelung teilweise aus.



Des weiteren unterstützt Obama die embryonale Stammzellforschung, die die katholische Kirche aus ethischen Erwägungen ablehnt. Unter den Führungspersönlichkeiten der US-Kirche äußerten sich nur wenige direkt zu den Wahlen. Der designierte Kardinal Raymond Burke, der frühere Erzbischof von St. Louis, etwa nannte Obamas Demokraten "die Partei des Todes". Burke lebt freilich seit zwei Jahren als Kurienpräfekt in Rom.



Ablehnung der Homosexuellen-Ehe

Und einen weiteren Aspekt nimmt die katholische Hierarchie der Regierung übel. Auch wenn er nicht dezidiert zugunsten der sogenannten Homo-Ehe eintritt, gilt Obama als ein Verfechter der Rechte gleichgeschlechtlicher Paare. Eingetragene Partnerschaften von Schwulen und Lesben sind vor allem dort legalisiert worden, wo die Demokraten traditionsgemäß sehr stark sind: im Nordosten, etwa in New York, in Connecticut, Massachusetts, Vermont und in der Hauptstadt Washington. Dort blieben die Mehrheitsverhältnisse in der Nacht vom Dienstag auch weitgehend wie gehabt.



Die Wahlen halten indes noch eine andere Lehre bereit: In einer funktionierenden Demokratie kann man Macht und Einfluss - sprich: Stimmen - offenbar doch nicht kaufen. Weithin beachtet wurde der Wahlkampf dreier extrem reicher Republikanerinnen: Linda MacMahon (Connecticut) und Carly Fiorina (Kalifornien) für einen Senatssitz, Meg Whitman (Kalifornien) für den Gouverneursposten. Diese Exponentinnen einer finanzstarken Variante von Frauen-Power steckten zusammengerechnet mehr als 200 Millionen Dollar (rund 150 Millionen Euro) aus ihren Privatschatullen in die Wahlkämpfe. Alle drei verloren. Angesichts des starken Latino-Anteils in der Bevölkerung Kaliforniens dürften bei Whitman und Fiorina auch - und gegen den Landestrend - reichlich katholische Stimmen zu deren Wahlpleite beigetragen haben.