Vor 65 Jahren starb der Nazi-Gegner Pater Rupert Mayer

Gott mehr gehorchen als den Menschen

Er war ein Mann der deutlichen Worte und ein Prediger ohne Angst vor den lebensbedrohenden Konsequenzen seiner Aussagen. Schon zu Lebzeiten wurde er als «Apostel Münchens» bezeichnet und als Heiliger verehrt. Vor 65 Jahren starb der Jesuitenpater Rupert Mayer während der Allerheiligen-Messe vor dem Altar der Münchner Michaelskirche an einem Schlaganfall.

Autor/in:
Kerstin Kotterba
 (DR)

Der populäre Geistliche kam 1876 als Sohn einer Kaufmannsfamilie in Stuttgart zur Welt. 1899 zum Priester geweiht, trat er im Jahr 1900 in Feldkirch in Vorarlberg dem Jesuitenorden bei, ab 1906 zog er als Volksmissionar durch die Schweiz, Deutschland und die Niederlande. 1912 kam er als Männerseelsorger nach München.



Im Ersten Weltkrieg stellte er sich als Militärseelsorger zur Verfügung. Nachdem er 1916 im rumänischen Sultatal bei einem Seelsorge-Einsatz schwer verwundet worden war, musste ihm das linke Bein amputiert werden. Wohl deshalb wurde er als erster Feldgeistlicher mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.



Als Kriegsinvalide nach München zurückgekehrt, baute der Jesuit eine lebendige Großstadtseelsorge und Sozialarbeit mit Besuchen von Neuzugezogenen, Brotgutscheinen und Stellenvermittlung auf. Bekannt wurden auch die von ihm seit 1925 initiierten sonntags gehaltenen Bahnhofsgottesdienste für Ausflügler.



Früh auf Konfrontationskurs zu Hitler

Schon Anfang der 20er Jahre ging Mayer auf Konfrontationskurs zu Hitler und seinen Ideen. Ein deutscher Katholik könne niemals Nationalsozialist sein, warnte er. Auch nach der Machtübernahme des NS-Regimes wandte sich der Jesuit in seinen Predigten immer wieder gegen antikatholische Hetzkampagnen und bekämpfte die nationalsozialistische Kirchenpolitik - wohl wissend, dass jedes seiner Worte registriert wurde.



Im Januar 1937 wurde er schließlich zum ersten Mal verhaftet und trotz seiner schweren Kriegsverletzungen als "Hetzer gegen die Partei und den Staat" zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Kurz nach seiner ersten Haft predigte Mayer - trotz Redeverbot -in der Münchner Kirche St. Michael, dass der Mensch Gott mehr gehorchen müsse als den Menschen. Sofort wurde er wieder verhaftet und in die Strafanstalt Landsberg eingewiesen. Wegen einer Amnestie kam er schließlich am 3. Mai 1938 frei. Erneute Verhaftung und Verurteilung folgten: Der Pater weigerte sich, Auskunft über seine Seelsorgegespräche zu geben. 1939 wurde er in das Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht.



Kein Interesse an einem Märtyerer

Unter starken Schmerzen leidend, magerte er dort auf 50 Kilogramm ab. Die Machthaber hatten kein Interesse an einem Märtyerer; sie fürchteten, Mayers Tod könne Unruhen in München auslösen. Der Jesuit wurde aus dem KZ entlassen und in das Kloster Ettal verbannt. Dort lebte er unter strengen Auflagen bis zum Kriegsende - mit Besuchsverbot, dem Verbot der Seelsorge und unter den wachsamen Augen der Gestapo. Für Mayer kam die zwischen NS-Behörden und Münchens Kardinal Michael Faulhaber vereinbarte Isolierung einer Verurteilung gleich. "Seitdem bin ich lebend ein Toter, ja dieser Tod ist für mich, der ich noch so voll Leben bin, viel schlimmer als der wirkliche Tod, auf den ich schon so oft gefasst war", klagte er.



Nach Kriegsende kehrte Mayer als Seelsorger nach München zurück; erneut war er Ansprechpartner für Notleidende und Ausgebombte. Aber der Priester war am Ende seiner Lebenskräfte und brach am Allerheiligentag am Altar zusammen. Der Jesuit wurde zunächst auf dem Klosterfriedhof in Ettal beigesetzt, drei Jahre später wurde sein Sarg in die Unterkirche der Bürgersaalkirche in München überführt. Sein Grab wurde schnell eine von Zehntausenden besuchte Wallfahrtsstätte.



1987 wurde Mayer von Papst Johannes Paul II. bei dessen zweitem Deutschlandbesuch im Olympiastadion in München als "Priester standhaften Glaubens" seliggesprochen.