Regierung ruft wegen Epidemie Notstand aus

Cholera in Haiti

Nach dem Ausbruch der Cholera in Haiti steigt die Zahl der Toten weiter. Am Sonntag berichtete der französische Auslandssender Radio France International (RFI) von rund 220 Toten und etwa 3.000 Erkrankten in Kliniken. Die Regierung rief den sanitären Notstand im ganzen Land aus.

 (DR)

Die lebensbedrohliche Durchfallerkrankung, die durch verunreinigtes Wasser übertragen wird, brach in der Region des Flusses Artibonite nördlich der Hauptstadt Port-au-Prince aus.

Gesundheitsminister Alex Larsen sprach von einer besonders aggressiven Form der Cholera. "Diese Krankheit ist sehr gefährlich. Sie kann innerhalb von drei Stunden töten, wenn der Durchfall einmal eingesetzt hat".



Hilfsorganisationen befürchten ein Ausbreiten der Epidemie auf die Hauptstadt, in der noch eine Million Menschen seit dem Erdbeben vom Januar in Zelten lebt. Fünf Cholera-Fälle wurden nach Behördenangaben bereits in Port-au-Prince registriert. Die Cholera war in Haiti zuletzt vor rund 100 Jahren aufgetreten.



Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF vermutet, dass Bakterien im Fluss Artibonite die Epidemie ausgelöst haben. Präsident René Préval erklärte hingegen, die Cholera sei nach Haiti eingeschleppt worden. Er rief die Bevölkerung zu Hygiene auf: "Waschen Sie sich häufig die Hände, essen Sie keine rohen Nahrungsmittel, trinken Sie behandeltes Wasser", sagte Préval in einer Ansprache.



Die Gesundheitsbehörden und Hilfsorganisationen entsandten Spezialisten und Hilfsgüter in die betroffene Region. In den überfüllten Krankenhäusern dort sei die Situation "kritisch".

Unmittelbar gefährdet ist ein Gebiet mit rund 100.000 Einwohnern.



Cholera ist eine lebensgefährliche Durchfallerkrankung, die zu extremem Wasserverlust im Körper und zu Nierenversagen führen kann. Mit einer raschen Einnahme von Salzlösungen oder -Infusionen kann sie geheilt werden. Oft sind auch Antibiotika erforderlich



Nach Einschätzung des Hilfswerks Oxfam steht die Seuche nicht in direktem Zusammenhang mit dem Erdbeben vom 12. Januar, bei dem nach offiziellen Angaben mehr als 230.000 Menschen starben und viele obdachlos wurden. "Die Seuche ist bisher nicht im vom Erdbeben betroffenen Gebiet aufgetreten", sagte die Oxfam-Sprecherin in Haiti, Julie Schindall, dem epd. Als Grund vermutet Schindall die generell schlechten hygienischen Verhältnisse in Haiti.