Haiti kämpft gegen die Cholera

Die Angst vor der Ausbreitung

Nach dem Ausbruch der Cholera auf Haiti hat die Diakonie Katastrophenhilfe die bisherigen Maßnahmen als „koordiniert“ beschrieben. Im Interview mit domradio.de nannte Astrid Nissen, Leiterin des Büros in Port-au-Prince, die Eindämmung der Seuche als die aktuell wichtigste Aufgabe. Denn die UNO sorgt sich vor einer Ausbreitung in den Slums der Hauptstadt.

 (DR)

Die Zeltlager der Erdbebenopfer seien "gar nicht so unser Problem, denn dort ist die Kontrolle durch humanitäre Organisationen ziemlich gut. Die Versorgung mit Trinkwasser ist sichergestellt, ebenso die ärztliche Überwachung", sagte die Sprecherin des UN-Büros für Humanitäre Angelegenheiten in Port-au-Prince, Imogen Wall, am Montag (25.10.2010) dem Lateinamerikahilfswerk Adveniat in Essen. "Viel mehr Sorge bereiten mir die Slums von Port-au-Prince, die schon vor dem Beben sehr anfällig waren für derartige Epidemien, weil es dort keine ärztliche Versorgung gibt, die Hygiene ist minimal. Und dort haben wir kein so gutes Netzwerk wie in den Zeltlagern."



Auf Haiti gebe es derzeit noch genügend Vorräte und Medikamente, "da wir uns nach dem Beben auf solche Situationen eingestellt haben", sagte Wall weiter. Problematischer sei es im Moment, die Region des Flusses Artibonite zu erreichen, aus der die Cholera-Opfer stammen. Wegen der Regenzeit seien viele Gebiete unzugänglich, "so dass wir den Nachschub zum Teil mit Booten ausliefern müssen".



Bislang starben nach UN-Angaben mehr als 250 Menschen an der Durchfallerkrankung, etwa 3.000 haben sich bereits angesteckt. Anfangs war die Epidemie auf die Region nördlich der Hauptstadt Port-au-Prince um den Fluss Artibonite beschränkt. Am Sonntag aber bestätigten die UN auch fünf Cholera-Fälle in der Hauptstadt; die Patienten kamen allerdings aus dem zuerst betroffenen Gebiet. Wall äußerte die Hoffnung, dass sich die Situation stabilisiert: "Am Sonntag gab es zunächst keine neuen Fälle. Auch die Zahl der Erkrankten insgesamt hat nur wenig zugenommen", sagte sie.



Unterdessen forderte der dominikanische Kardinal Nicolas de Jesus Lopez Rodriguez die Behörden in der Dominikanischen Republik auf, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, damit die Cholera nicht auch das Nachbarland erreicht. Zugleich rief der höchste kirchliche Würdenträger der Dominikanischen Republik die Weltgesundheitsorganisation WHO und das panamerikanische Pendant OPS auf, in Haiti Sofortmaßnahmen zu ergreifen, um den betroffenen Menschen zu helfen.



Hilfsmaßnahmen und Aufklärungskampagnen

Verschiedene Hilfsorganisationen kündigten am Montag Hilfsmaßnahmen und Aufklärungskampagnen an, um die Bevölkerung Haitis vor einer Ansteckung zu schützen. Über Radioprogramme, Hausbesuche und Flyer würden Hinweise zur Vorsorge vermittelt; zugleich würden Notfallpläne erarbeitet, erklärte Care. Zudem verteilten Care-Mitarbeiter sauberes Trinkwasser und reinigten Latrinen.



"In der Bevölkerung ist man beunruhigt, aber von Panik ist nichts zu spüren", erklärte Lutz Hahn von der Hilfsorganisation World Vision. Seinen Kollegen, die jetzt von Haus zu Haus gehen, würden viele Fragen gestellt, die zeigten, dass die Krankheit den Menschen nicht bekannt sei. Zuletzt war die Cholera 1960 auf Haiti ausgebrochen.



Auch das Missionsärztliche Institut (MI) in Würzburg kündigte die Entsendung von Mitarbeitern an, die in Caritas-Gesundheitszentren Maßnahmen gegen die Epidemie initiieren sollen. Problematisch sei, dass die Krankheit in rund 80 Prozent der Fälle mild verlaufe. Die Menschen fühlten sich nicht richtig krank und ließen sich nicht behandeln, steckten aber andere an, hieß es.