Friedensgespräch zeigt Probleme christlich-isalimischen Dialogs

Thema verfehlt?

In Osnabrück tauschen sich derzeit eine Vielzahl von Wissenschaftlern und Religionsvertretern über die Friedenspotenziale der Weltreligionen aus. Darüber hinaus fand das traditionelle "Osnabrücker Friedensgespräch" statt. Dem Zeitgeschehen entsprechend, debattierten hier nicht Katholiken und Protestanten miteinander, sondern Muslime und Christen.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
 (DR)

Wie schwierig der Dialog ist, zeigte das Gespräch zwischen dem Staatssekretär im Ministerium für Religiöse Stiftungen in Ägypten, Selim Abdul-Galeel, und dem früheren Bischof der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Peter Steinacker. Denn trotz freundschaftlicher Atmosphäre und bester Absicht war der weitgereiste Gast von Anfang an in der Defensive.



Keine der großen Religionen sei von vornherein nur friedlich, obwohl jede von ihnen Friedensimpulse enthalte, stellte Steinacker schon zu Beginn klar. Trotz notwendiger Herausbildung der eigenen Identität und Geltung der eigenen Glaubenssätze sei dennoch jede Religion in der Lage, die Götter und Inhalte anderer Glaubensrichtungen zu respektieren. "Das Friedenspotenzial der Religionen kann nur dann wirklich aktiviert werden, wenn es uns gelingt, unsere notwendig zu uns gehörenden Unterschiede zu zivilisieren und ihnen das Gewaltpotenzial zu nehmen", erklärte der frühere Bischof.



Terroristen keine echten Muslime

Galeel betonte, für einen gläubigen Muslim sei Brüderlichkeit der wichtigste Wert. "Jeder muss seinem Mitmenschen das wünschen, was er sich selber wünscht", so seine Ummünzung der berühmten "Goldenen Regel" aus der Bergpredigt. "Wir unterscheiden nicht zwischen Gläubigem oder Ungläubigem, jede Menschenseele ist dabei gleich", betonte der Staatssekretär. Ägypten sei stolz auf seine Religion, doch stehe es für einen gemäßigten Islam. Fundamentalisten oder gar Terroristen seien keine echten Muslime und würden "mit Eisen und Feuer" bekämpft, betonte der Regierungsbeamte.



Mit seiner Analyse, dass häufig soziale und wirtschaftliche Probleme und mangelnde Bildung die zumeist jungen Männer zu "Märtyrern" werden ließen, war für Galeels westlich geprägte Zuhörer nachvollziehbar. Wie aber kann es da sein, dass es einer Muslima in Ägypten nicht erlaubt ist, einen Christen zu heiraten?, wollte Steinacker mehrfach wissen. Eine Frage, die Galeel nicht zur Zufriedenheit des Publikums beantwortete. Die Muslime schätzten und ehrten auch die Stifter und heiligen Bücher der anderen Religionen, wiegelte der Sunnit ab. Aber eine Ehe zwischen den Anhängern zweier unterschiedlicher Religionen müsse notwendig zu Problemen führen.



Trennung von Religion und Staat

Steinacker sprach sich mit Nachdruck für eine Trennung von Religion und Staat aus. Die Menschenrechte müssten auch gegen die Scharia, die islamische Gesetzgebung, bestehen können. Sein muslimischer Gesprächspartner beteuerte, dass es in Ägypten etwa im Wahlkampf verboten sei, religiöse Losungen einzubringen. "Wir wollen nicht, dass es ein Ineinandergreifen von Politik und Religion gibt", hob Galeel hervor.



Zur Ausbildung von Imamen, die die Universität Osnabrück seit kurzem als erste deutsche Hochschule anbietet, sagte Steinacker, es sei ein Fehler, dass das türkische Religionsministerium immer noch Imame nach Deutschland schicke. Diese müssten hier ausgebildet und sozialisiert sein, damit der Frieden wachsen könne. Auch Galeel betonte, ein Imam müsse da aufgewachsen sein, wo er predigt. Allerdings vertrete der Koran eine universale Weltbotschaft, die in jeder Umgebung gelten könne. Daher müssten nicht überall Imam-Ausbildungsstätten eröffnet werden, meinte er.



Am Ende meldete sich Osnabrücks Bürgermeister Boris Pistorius (SPD) zu Wort und konstatierte, die Diskussion sei zwar großartig gewesen, "aber als Deutschlehrer würde ich sagen: Thema verfehlt". Wieder einmal sei man in den Reflex verfallen, den Vertreter des Islam permanent unter Rechtfertigungsdruck zu setzen. Dafür erhielt Pistorius den größten Beifall des Abends.