Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx wird Kardinal

Jüngster deutscher Purpurträger

Seit 1914 ist der Münchner Bischofsstuhl fest mit dem Kardinalsrang verbunden. Nun rückt auch Erzbischof Reinhard Marx in den päpstlichen Senat auf. Am 20. November wird der Vorsitzende der Freisinger Bischofskonferenz mit Purpur bedacht. Damit zählt Marx künftig zum exklusiven Kreis von 121 Papstwählern.

Autor/in:
Christoph Renzikowski
 (DR)

In einer ersten Reaktion sprach der Erzbischof in München von einer "großen Ehre", die der Papst seinem Heimatbistum, der katholischen Kirche in Bayern und ihm, Marx, zuteilwerden lasse. Mit Blick auf "die Erschütterungen der letzten Monate" empfinde er die Berufung ins Kardinalskollegium als Ansporn und Herausforderung. Nun gelte es, den Glauben zu vertiefen und "gemeinsam mit dem ganzen Volk Gottes" die Zeichen der Zeit im Licht des Evangeliums zu deuten.



Benedikt XVI. hatte den Sozial- und Wirtschaftsexperten der Deutschen Bischofskonferenz am 30. November 2007 zum Nachfolger von Kardinal Friedrich Wetter vom Trierer Bischofsstuhl nach München berufen, in ein Amt, das Joseph Ratzinger von 1977 bis 1982 selbst innehatte. Der mediengewandte und lebensfrohe Westfale zählt nicht nur von seiner Statur her zu den Schwergewichten der katholischen Kirche in Deutschland. Mit 57 Jahren wird er ihr mit Abstand jüngster Kardinal sein.



Bei ihm laufen viele Fäden zusammen

Die Kardinäle in Berlin und Mainz, Georg Sterzinsky und Karl Lehmann, erreichen 2011 die bischöfliche Altersgrenze von 75 Jahren; der Kölner Kardinal Joachim Meisner feiert an Weihnachten seinen 77. Geburtstag. Bei allen dreien neigt sich die Amtszeit allmählich dem Ende zu. Schon jetzt laufen viele Fäden bei Marx zusammen, der über einen großen Aktionsradius verfügt.



Sein Bestseller "Das Kapital" erschien vor zwei Jahren punktgenau zur weltweiten Finanzkrise. Mit der Kritik an Missmanagement und Selbstbedienungsmentalität und seinem Plädoyer für die Wiederentdeckung der Katholischen Soziallehre hat er sich Gehör verschafft, in der politischen Klasse ebenso wie bei Unternehmenslenkern, etwa beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Bei Auslandsreisen trifft er nicht nur Mitbrüder im Bischofsamt, sondern auch Wirtschaftsnobelpreisträger zum Meinungsaustausch.



Theologische Prinzipienfestigkeit und Humor

Auch auf Bühnen, die Kirchenmänner eher selten betreten, hat sich der Erzbischof bewährt. Mit einem heiter-gelassenen Auftritt in der skurrilen Fernseh-Talkshow der Kabarettfigur Erwin Pelzig bewies Marx, dass sich theologische Prinzipienfestigkeit auch mit Humor und einer Prise Selbstironie verträgt.



In der Missbrauchsaffäre profilierte sich der bayerische Oberhirte als entschlossener Aufklärer. Dabei schreckte er vor personellen Konsequenzen in seinem engsten Mitarbeiterstab nicht zurück. Sein Eingreifen in Kloster Ettal und sein Agieren im Umfeld des Rücktritts von Augsburgs Bischof Walter Mixa blieb kirchenintern nicht ohne Widerspruch. Gleichwohl soll das in München derzeit erarbeitete Präventionsmodell den anderen deutschen Bistümern als Grundlage für deren eigene Aktivitäten dienen. Das erklärte der Trierer Bischof Stephan Ackermann unlängst in Fulda.



Viele fordernde Aufgaben

Seit 1. Oktober trägt Marx als neuer Großkanzler auch Verantwortung für die einzige katholische Universität im deutschen Sprachraum. Die Hochschule in Eichstätt und Ingolstadt steckt nach zwei fehlgeschlagenen Präsidentenwahlen und einer überwundenen Führungskrise mitten im Umbruch, wobei sie dem Papst sehr am Herzen liegt. Von Marx wird erwartet, dass er der Universität einen höheren Stellenwert in der Agenda der katholischen Kirche in Deutschland verschafft.



In der "Steuerungsgruppe" für den Dialogprozess, den der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, ausgerufen hat, soll Marx ebenfalls einen weiterführenden Beitrag leisten. Alles in allem sind das viele fordernde Aufgaben, doch längst nicht alle. Der Münchner Erzbischof ist überdies damit beschäftigt, die Strukturen in der Verwaltung seiner Diözese zu straffen.