Alle 33 verschütteten Bergleute geborgen

"Das ist ein Wunder Gottes"

Die ersten Sekunden in Freiheit widmet Bergarbeiter Mario Gomez erst seiner weinenden Frau Liliana und dann Gott. Er sinkt auf die Knie und dankt in aller Stille für seine Rettung aus der chilenischen Gold- und Kupfermine San Jose. Es ist einer der emotionalsten Momente einer spektakulären Bergung am frühen Mittwochmorgen. In Rom hatte Papst Benedikt während der Generalaudienz für die 33 Bergmänner gebetet.

Autor/in:
Tobias Käufer
 (DR)

Kardinal Francisco Javier Errazuriz Ossa hatte am Vortag den historischen Tag mit einem Gottesdienst in der Kathedrale von Santiago begonnen. Dabei hatten auch der chilenische Präsident Sebastian Pinera und sämtliche Familienangehörige um ein glückliches Ende der Katastrophe gebetet. Auch Papst Benedikt XVI. bedachte am Mittwoch bei seiner Generalaudienz die verschütteten Bergleute. Er empfehle sie mit Hoffnung der Güte Gottes, sagte das Kirchenoberhaupt im fernen Rom. Und die Gebete wurden erhört.



Das Wunder von Copiapo

Ganz Chile feiert seine 33 "Mineros": In der Nacht zum Mittwoch, wenige Minuten nach Mitternacht (Ortszeit), erreichte mit dem 31-jährigen Florencio Avalos Silva dann der erste der seit dem 5. August eingeschlossenen Bergleute die Erdoberfläche. Währenddessen spielten sich bewegende Szenen ab. Angehörige beteten, weinten und feierten die Ankunft des Kumpels. Das Wunder von Copiapo wird Realität. Der Vater des Geretteten ist überwältigt: "Das ist ein Wunder Gottes", ruft er in die Mikrofone. "Jetzt gelten unsere Gebete den anderen 32 Kameraden, die noch unten sind."



Um 23.56 Uhr begann der historische Moment: Silva bestieg als erster die Rettungskapsel. Während er sich von seinen Kumpels verabschiedete, wirkten die Männer in der Grube entspannt und ruhig. Derweil umringten zahllose Fotografen und Kameraleute an der Erdoberfläche die Angehörigen des Kumpels.



In knapp 16 Minuten zurück in die Freiheit

Eine knappe Viertelstunde später erreichte er schließlich mit seiner Rettungskapsel "Fenix II" die Erdoberfläche. Aus der Hitze der Grube steigt er in die nächtliche Kälte der Atacama-Wüste. Unendlich lange und doch so schöne 15 Minuten und 42 Sekunden dauerte die Fahrt mit dem Fahrstuhl in die Freiheit. Nach 70 Tagen schließt Silva seine Familie in die Arme. Die Menschen klatschen, weinen, Präsident Sebastian Pinera umarmt den ersten der 33 Helden. Die anderen Familien verfolgen die Ankunft von Avalos in einem abgesperrten Bereich. Immer wieder rufen sie "Chi, Chi, Chi, Le, Le, Le". Avalos wird in die Krankenstation gebracht, hinter ihm schließen sich die Türen.



Katholische Seelsorger kümmern sich um die Angehörigen

Die Minuten des ersten Aufstiegs verfolgten die Helfer, Familien und Experten erstaunlich ruhig. Einige beten den Rosenkranz. Sie beißen sich auf die Lippen, ihre Hände sind verkeilt, die Füße wippen auf dem Boden. Auch Präsident Pinera betet. Derweil eilt seine Frau in das "Familienzentrum", um den Angehörigen von Florencio Avalos und allen anderen beizustehen. Katholische Seelsorger kümmern sich um die Ehefrauen, Eltern, Freunde und Kinder der Bergleute. Ungeduldig beugen sich die Experten über den Rettungskanal. Sie können es nicht erwarten, bis die Rettungskapsel endlich auftaucht.



Etwa eine halbe Stunde vor Beginn der Bergungsaktion hatte sich mit Manuel Gonzales der erste Helfer auf den Weg in die Tiefe gemacht. Weil er die Grube unbeschadet erreichte und unaufgeregt die nächsten Schritte erklärte, hat er wohl dem einen oder anderen ein wenig von der Angst der Auffahrt genommen. Manuel Gonzales wird erst zurückkehren, wenn der letzte Kumpel die Erdoberfläche erreicht hat - das sollte am Mittwochabend (Ortszeit) der Fall sein.