Präses Schneider überrascht katholische Kirche mit Aussagen zur PID

Auch weiterhin Seite an Seite?

Die katholische Kirche in Deutschland geht davon aus, dass die evangelische Kirche auch weiterhin die gemeinsame ablehnende Linie gegenüber der PID verfolgt. Das sagte Prälat Karl Jüsten am Dienstag im Interview mit domradio.de. Der EKD-Ratsvorsitzende hatte zuvor für Irritationen gesorgt.

 (DR)

"Ich war auch überrascht, als ich von der Aussage von Präses Schneider hörte", so Karl Jüsten, der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Karl Jüsten, am Dienstag (12.10.2010)  im Interview mit domradio.de. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses Nikolaus Schneider, hatte am Tag zuvor gegenüber der Tageszeitung "Die Welt"  gesagt, er habe "viel Sympathie für das Bestreben, die PID unter eng gefassten Bedingungen zuzulassen, sie also nur dann zu erlauben, wenn die Eltern die Anlage zu schwersten Erbkrankheiten in sich tragen und die stark begründete Gefahr besteht, dass sie diese Krankheiten an ihr Kind weitergeben".



"Bis ich eine gegenteilige Beschlussvorlage der EKD zu dieser Frage höre", so Jüsten, "gehe ich davon aus, dass die Evangelische Kirche insgesamt nach wie vor die Position vertritt, wie wir sie auch vertreten." Man sei gespannt, wie sich die Evangelische Kirche zu der Frage verhält. "Ich gehe aber fest davon aus, dass sie weiterhin an unserer Seite verbleibt."



Katholische Laien gegen Lockerung

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken warnt indes vor einer Aufweichung des Embryonenschutzes. Die Forderung der FDP nach einer Zulassung der umstrittenen Präimplantationsdiagnostik stehe für einen Dammbruch im Lebensschutz. Außerdem sprach ZdK-Präsident Alois Glück am Dienstag von einem "illusorischen Machbarkeitswahn". Damit drohe eine Debatte über zumutbare und unzumutbare Krankheiten und Belastungen, die nicht einzugrenzen sei.



Die Nutzung von PID werde entgegen der liberalen Beteuerungen gerade nicht zu einer humaneren Welt führen, so Glück. Er sehe zwischen der von FDP-Vertretern geäußerten Position und der Festlegung der Unionsparteien auf ein PID-Verbot keinen Kompromiss, bei dem das geltende Embryonenschutzgesetz "nicht bis zur Unkenntlichkeit" aufgeweicht würde.



CDU vs. FDP

Der FDP-Gesundheitspolitiker Erwin Lotter hatte in der "Welt" angekündigt, auch mit Unterstützung aus dem Oppositionslager für die Zulassung von PID sorgen zu wollen. Ein PID-Verbot, wie es im Grundsatzprogramm der CDU gefordert werde, verstoße "gegen ein ureigenes Menschenrecht: nämlich die Entscheidung über die eigene Fortpflanzung". Mit Blick darauf sprach Glück von einer verräterischen Sprache. Damit verschleiere die FDP, dass PID eine "Entscheidung zwischen lebenswertem und vermeintlich lebensunwertem Leben" sei.



Derweil plädierte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), für ein sofortiges, zeitlich befristetes PID-Verbot. "Wir brauchen ein Moratorium", sagte er der "Rheinischen Post" (Dienstag). Der Gesetzgeber müsse schnell Rechtssicherheit schaffen und PID "vorübergehend bis zu einem festgelegten Zeitpunkt verbieten". Er könne es sich politisch und persönlich schwer vorstellen, dass die CDU in dieser Frage zu einem anderen Ergebnis als einem Verbot von PID komme.



Hintergrund

Bei PID werden im Reagenzglas erzeugte Embryonen auf Gendefekte untersucht und im Fall von Schäden vernichtet. Anfang Juli hatte der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil festgestellt, dass die PID nicht gegen das Embryonenschutzgesetz verstößt und damit straffrei bleibt. Seitdem gibt es wiederholt Forderungen nach einem expliziten Verbot dieser Untersuchungsmethode. In der Bundestags-Unionsfraktion laufen darüber Gespräche.



Die Fraktionsspitzen von Union und FDP wollen offenbar bei einem Treffen am 27. Oktober ihre Haltung zur Präimplantationsdiagnostik (PID) klären. Dabei soll ausgelotet werden, ob die Koalition einen gemeinsamen Antrag formuliert oder wie üblich in solchen Fragen der Fraktionszwang aufgehoben wird, so dass fraktionsübergreifende Gruppenanträge erarbeitet werden können. Nach Informationen des Berliner "Tagesspiegels" (Donnerstagsausgabe) will Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) den Liberalen ein zweijähriges Moratorium vorschlagen.