Auseinandersetzung um Methode in Koalition - auch Kirchen uneins

Die PID auf dem Prüfstand

In die Debatte über die Embryonen-Diagnostik in der Regierungskoalition kommt Bewegung. Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Volker Kauder, kündigte an, es werde in den nächsten Tagen Gespräche zwischen Union und FDP geben. Die katholische Kirche bekräftigte ihr Nein zur PID, die evangelische hingegen erwägt eine Zulassung.

 (DR)

Bevor es in der Frage der Präimplantationsdiagnostik (PID) zu interfraktionellen Anträgen komme, "sollte zunächst innerhalb der Koalition ein mögliches Ergebnis ausgelotet werden", erklärte Kauder auf Nachfrage. Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Ulrike Flach, bestätigte die Existenz eines Arbeitspapiers, wonach die FDP den Zeitpunkt für gekommen sieht, auf eine gesetzliche Regelung zur Zulassung der PID zu drängen. Flach wies aber einen Bericht der "Welt" (Montagsausgabe) zurück, wonach sie dieses Papier Ende Oktober in die Fraktion einbringen wolle. "Wir sind nicht die Treibenden", sagte sie dem epd. Ihre Partei sei aber vorbereitet, falls von der Union ein Vorstoß komme, die Präimplantationsdiagnostik in Deutschland zu verbieten.



Die FDP spricht sich seit Jahren für eine Zulassung der PID in Deutschland aus und sieht sich nun in ihrer Haltung durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom Juli bestärkt. Danach ist die PID nicht strafbar, wenn sie angewendet wird, um einer Frau genetisch gesunde Embryonen einzupflanzen. Bisher war man davon ausgegangen, dass das Auswählen von Embryonen nach einer künstlichen Befruchtung nach dem deutschen Embryonenschutzgesetz nicht erlaubt ist.



Die neue Rechtslage sorgt in den Reihen der Konservativen für Unruhe. Kauder rief die Union auf, "zu diesem Thema keinen öffentlichen Streit auszutragen". Er selbst habe sich unlängst für ein Verbot der PID ausgesprochen, wie es auch die Parteiprogramme der Union vorsähen. Damit bezog sich Kauder offenbar auf den Bericht der "Welt", wonach er selbst und weitere Spitzenpolitiker der Union angeblich nicht mehr davon ausgehen, dass ein Verbot der PID in Deutschland durchzusetzen ist.



Koch: Extremst begrenzen

Die kirchenpolitische Sprecherin, Maria Flachsbarth, sagte dem epd, sie trete wie viele andere in der Unionsfraktion für ein generelles Verbot der PID ein, weil man keine Grenzen ziehen könne zur missbräuchlichen Verwendung dieses Diagnoseverfahrens. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom Sommer sei nun "eine Gesetzgebung erforderlich", sagte Flachsbarth. Über konkrete Regelungen sei aber noch nicht gesprochen worden.



Der frühere hessische Ministerpräsident, Roland Koch, sprach sich im Deutschlandfunk dafür aus, die PID in Deutschland "extremst zu begrenzen". Er sagte, "man müsse strikter bleiben, als das möglicherweise unsere Nachbarn sind". Bei Menschen, die nachgewiesene Erbschädigungen haben, müsse die PID aber möglich sein, betonte der stellvertretende CDU-Vorsitzende.



Zollitsch: Das ist unerträglich

Der "Die Welt" sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, am Montag (11.10.2010), er sehe keine Ausnahmemöglichkeit. Nach einem Vorabbericht der Tageszeitung zog der amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, hingegen eine begrenzte Zulassung der PID in Erwägung.



Zollitsch kritisierte, dass sich der Mensch bei dieser Methode zum Herrn über das Leben mache. Er entscheide bei den erzeugten Embryonen, "wer davon überlebt und wer nicht. Das ist unerträglich", so der Erzbischof. Schneider sagte demgegenüber, er habe "viel Sympathie für das Bestreben, die PID unter eng gefassten Bedingungen zuzulassen, sie also nur dann zu erlauben, wenn die Eltern die Anlage zu schwersten Erbkrankheiten in sich tragen und die stark begründete Gefahr besteht, dass sie diese Krankheiten an ihr Kind weitergeben". Er räumte allerdings die Gefahr ein, "dass jede gesetzliche Eingrenzung nach und nach ausgehöhlt wird". Deshalb müsse "ein Gesetz in Sachen PID sehr sorgsam bedacht werden".



Bei der PID untersuchen Mediziner außerhalb des Mutterleibs erzeugte lebensfähige Embryonen nach schwerwiegenden genetischen Defekten und selektieren sie gegebenenfalls aus. Der 5. Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) hatte im Juli festgestellt, dass die PID nach geltender Rechtslage nicht verboten ist. Sie verstoße nicht gegen das Embryonenschutzgesetz und bleibe deshalb straffrei.