Nahostsynode im Vatikan berät über Verhältnis zum Islam

Konfessionalismus überwinden

An ihrem zweiten Arbeitstag hat sich die im Vatikan tagende Nahostsynode mit dem Verhältnis zum Islam befasst. Weiter standen die schwierige Situation der Christen im Nahen Osten sowie das ökumenische Gespräch im Mittelpunkt.

 (DR)

Kurienkardinal Angelo Sodano rief die orientalischen Kirchen zu einer engeren Zusammenarbeit auf. Der "Konfessionalismus" müsse überwunden werden, sagte er am Dienstag. Vor allen sprachlichen, nationalen und liturgischen Unterschieden müsse die Verbundenheit in der einen Kirche Christi stehen, hob der Dekan des Kardinalskollegiums hervor.



Zugleich ermahnte Sodano die Kirchen zu verstärkten Anstrengungen für einen Neubeginn im Nahen Osten. Es gelte dringend, eine Lösung für den "tragischen" israelisch-palästinensischen Konflikt zu finden, um den aggressiven Strömungen im Islam den Boden zu entziehen, sagte der ranghöchste Kardinal. Zudem müssten die Kirchen für die Religionsfreiheit aller Gläubigen eintreten.



"Ohne Gespräch kein Frieden"

Der chaldäische Erzbischof von Kirkuk, Louis Sako, sprach sich für einen umfassenderen Dialog mit dem Islam aus. "Ohne das Gespräch mit den Muslimen wird es keinen Frieden und keine Stabilität geben", sagte der irakische Kirchenmann. Gemeinsam könnten Christen und Muslime Kriege und alle Formen von Gewalt zum Verschwinden bringen. Zudem sei es wünschenswert, mit einer Stimme gegen den Waffenhandel einzutreten.



Sako wies weiter auf die schwierige Situation der christlichen Minderheit im Irak hin. Die Zahl der Christen, die das Land verließen, sei besorgniserregend. Diese Abwanderung sei gegenwärtig die größte Herausforderung für die Gemeinden des Landes. Der Erzbischof rief die orientalischen Kirchen und die Universalkirche auf, für die Gleichheit aller Bürger einzutreten und gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft und den lokalen Behörden nach Lösungen zu suchen, die die Menschenwürde der Christen respektierten. Es dürfe in der Anwendung von Gesetzen keine Diskriminierung einer Minderheit geben, forderte Sako.



Der chaldäische Bischof von Babylon, Schlemon Warduni, rief zur Gründung von speziellen Komitees für den ökumenischen und interreligiösen Dialog im Nahen Osten auf. Aufgabe dieser Gremien müsse es sein, die Unterdrückten und Rechtlosen zu verteidigen und gegen fanatische politische Gruppen einzutreten.



Herausforderung durch Sekten

Der maronitische Bischof von Sidon im Südlibanon, Elias Nassar, hob die gegenseitige Bereicherung von Christentum und Islam hervor. Durch ihr Gebet, ihr Engagement für Jugendliche und ihre Wohltätigkeit spornten Muslime ihre christlichen Nachbarn an, sagte Nassar. Umgekehrt befördere der christliche Umgang mit der Bibel unter Muslimen das Nachdenken über eine kritische Lektüre des Koran. Auch wenn es keinen Dialog in dogmatischen Fragen gebe, sei durch diese täglichen Erfahrungen seit vierzehnhundert Jahren ein Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen gewährleistet worden.



Auf die wachsende Herausforderung der orientalischen Kirchen durch Sekten verwies der Patriarchalvikar für Jordanien des lateinischen Patriarchats von Jerusalem, Bischof Salim Sayegh. Viele Gläubige seien nur oberflächlich christianisiert worden und deshalb für die Botschaften von Sekten empfänglich, sagte Sayegh. Allein in Jordanien gebe es um die 50 Sekten. Vor allem die katholischen Schulen müssten diesem Phänomen verstärkte Aufmerksamkeit widmen.

Mehr zum Thema