Literaturnobelpreis für Mario Vargas Llosa

Ein Verfechter der zivilen Verantwortlichkeit

Er ist ein Mann, der kein Blatt vor den Mund nimmt: der peruanische Schriftsteller Mario Vargas Llosa. So beschuldigte der diesjährige Nobelpreisträger für Literatur erst vor kurzem Venezuelas Präsident Chavez des Populismus und eines "Hasses auf Freiheit". Er analysiere in seinen Werken die Machtstrukturen und gesellschaftlichen Verhältnisse in Lateinamerika, begründete das Komitee die Wahl.

 (DR)

Fragen der menschlichen Existenz

Es gehe ihm darüber hinaus aber auch um die grundlegenden Fragen der menschlichen Existenz. Vargas Llosa (74) gilt als einer der Großen der lateinamerikanischen, spanischen und europäischen Literatur. Die mit umgerechnet 1,035 Million Euro dotierte Auszeichnung gilt als der weltweit bedeutendste Preis für Literatur. Die Nobelpreise werden am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel, in Stockholm überreicht.



Vargas Llosas Schaffen umfasst historische Romane, Krimis, politische Thriller, Komödie sowie Theaterstücke, Essays und politische Schriften. Zu den bekanntesten Titeln zählen "Die Stadt und die Hunde", "Lob der Stiefmutter", "Tod in den Anden", "Das Fest des Ziegenbocks" oder "Das Paradies ist anderswo". Sein neuer Roman "El sueno del celta" (Der Traum des Kelten) soll im November erscheinen.



Er mischt sich auch in aktuelle Konflikte ein

Der 74-Jährige, der derzeit in London lebt, stellt insbesondere die Themen Freiheit und Gerechtigkeit ins Zentrum seines erzählerischen und essayistischen Schaffens. Mit seinen Schriften und Interviews mischt sich der Schriftsteller auch in aktuelle Konflikte ein. So kritisierte er kürzlich mit Blick auf die linken lateinamerikanischen Präsidenten Hugo Chaves, Evo Morales und Rafael Correa einen ausschweifenden "Populismus, eine Gegenwart, die einer mythischen Zukunft geopfert wird, die es nie geben wird; einen Hass auf Freiheit, auf den Westen und seine demokratischen Traditionen sowie die Mythen des Sozialismus und der Planwirtschaft".



Hauptgrund für die wirtschaftliche Unterentwicklung Lateinamerikas und seine "Verspätung" sei, dass die Menschen "alles von einer starken und höher stehenden Person, Institution oder einem Mythos" erwarteten und sich so ihrer eigenen zivilen Verantwortlichkeit entzögen.



Lateinamerika muss sich der Globalisierung des Denkens öffnen

"Diese alte Herrscherfunktion wurde in der Vergangenheit von barbarischen Kaisern und den Göttern der Inkas, Mayas oder Azteken erfüllt und später von den spanischen Monarchen oder der Kirche des Vizekönigtums, von den charismatischen und blutigen Führern des 19. Jahrhunderts." Dennoch zeigte sich der Schriftsteller "vorsichtig optimistisch für unseren Kontinent", weil immer mehr Verantwortlichen klar werde, dass sich Lateinamerika für die Welt und die Globalisierung des Denkens öffnen müsse.



Vargas Llosa wurde am 28. März 1936 im peruanischen Arequipa geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Bolivien und in der nordperuanischen Stadt Piura. Nach Beendigung des Studiums der Rechtswissenschaften und Literatur an der Universität von Lima, wo er sich in der Widerstandsgruppe "Cahuide" gegen den Diktator Manuel Odria engagierte, erhielt er ein Promotionsstipendium in Madrid und lebte von 1958 bis zu seiner Rückkehr 1974 fast ständig in Europa.



Seine Präsidentschaftskandidatur scheiterte

Vargas Llosa war zunächst als Journalist tätig; von 1967 bis 1974 war er Professor für lateinamerikanische Literatur am Queen Mary College der Universität London. 1976 wurde er Präsident des Internationalen P.E.N.-Clubs. Von anfänglich linken politischen Positionen distanzierte sich Llosa ab den 60er Jahren. In den 80er Jahren wandte er sich der Politik zu und überraschte durch marktliberale Positionen. 1990 kandidierte er für die peruanische Präsidentschaft und scheiterte im zweiten Wahlgang an Alberto Fujimori.



Vargas Llosa erhielt zahlreiche Ehrungen und große internationale Preise, unter anderen den Prix Leopoldo Alas (1958), den spanischen Literaturpreis "Prinz von Asturien" (1986), den Miguel-de-Cervantes-Preis (1994) und den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (1996).