Kirchen gedenken am 20. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung

„Der Kraft Gottes hält keine Mauer stand“

Zum Jahrestag der Wiedervereinigung haben die Kirchen die Erfolge der vergangenen 20 Jahre hervorgehoben. Beim zentralen Gedenkgottesdienst in Bremen warnten sie zugleich vor der Gefahr der erneuten Trennung Deutschlands in Arm und Reich. In Dresden erinnerte der Kölner Generalvikar, Dominik Schwaderlapp, an die Zeit der Wende und die Rolle von Papst Johannes Paul II.

Autor/in:
Michael Borgers
 (DR)

Durch seinen starken Glauben habe er "Mauern zum Einsturz gebracht", sagte Schwaderlapp am Sonntag in Dresden. In einem Festgottesdienst zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit hob er auch den Beitrag der Christen in der DDR hervor.



"Sie haben in einer glaubensfeindlichen Umwelt am Glauben festgehalten und mussten Nachteile in Kauf nehmen. Wir im Westen hatten es da viel leichter", sagte der Generalvikar. Er bekundete seinen großen Respekt für "dieses Zeugnis von Ausdauer und Glaubensfestigkeit".



Das Erzbistum Köln und das Bistum Dresden-Meißen verbindet seit der Zeit der DDR eine Partnerschaft.

Als Generalvikar ist Schwaderlapp Stellvertreter von Kardinal Joachim Meisner in der Verwaltung des Erzbistums Köln.



Gedenkgottesdienst in Bremen

Der soziale Ausgleich zwischen Arm und Reich ist nach Auffassung der beiden großen Kirchen unverzichtbar für die Einheit in Deutschland. "Einheit und Gerechtigkeit gehören zusammen", sagte der Friedensbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Renke Brahms, am Sonntag im zentralen ökumenischen Gedenkgottesdienst in Bremen zum 20. Jahrestag der Deutschen. Brahms sagte, die Grenze stehe heute nicht mehr zwischen Ost und West. "Die Mauer, die Arm und Reich heute trennt, verläuft genauso zwischen Nord und Süd, zwischen einzelnen Kommunen und Stadtteilen." Vielerorts sei eine wachsende soziale Spaltung spürbar. "Wo Gerechtigkeit fehlt, ist die Einheit gefährdet", mahnte der Theologe.



Osnabrücks katholischer Bischof Franz-Josef Bode verwies auf Schwierigkeiten im Einheitsprozess. Dieser habe unter Vorurteilen, Profitgier, der Herrschaft des Marktes und undurchsichtigen Machenschaften gelitten. Doch die Wende habe hundertfach Früchte gebracht, die ohne Zweifel das Misslungene aufwiegen, unterstrich Bode. Um die Einheit voranzubringen, sei solidarischer Einsatz nötig: "Dann werden Menschen aller Generationen eine gesegnete Zukunft ernten."



Wulff ruft Deutsche zu neuem Zusammenhalt auf

Bundespräsident Christian Wulff hat die Deutschen aufgerufen, 20 Jahre nach der Einheit neuen Zusammenhalt zu finden.

Aufgabe der Deutschen Einheit sei es heute, Vielfalt zu schätzen und Risse in der Gesellschaft zu schließen, sagte Wulff in seiner ersten programmatischen Rede bei der zentralen Einheitsfeier am Sonntag in Bremen.



Der Ruf der Einheit "Wir sind ein Volk!" müsse heute eine Einladung an alle sein, die hier lebten. Zugehörigkeit dürfe nicht auf einen Pass, eine Familiengeschichte oder einen Glauben verengt werden. Deutschland müsse Verschiedenheit aushalten und sie auch wollen.



"Schier unglaubliches Ereignis"

Die beiden großen Kirchen bezeichneten im Vorfeld die Überwindung der deutschen Teilung vor 20 Jahren als "schier unglaubliches" Ereignis. Die Deutschen könnten stolz darauf sein, was in den vergangenen 20 Jahren gemeinsam an Aufbauleistung in den neuen Ländern erreicht worden sei, erklärten der amtierende Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, und der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch.



Das Zusammenwachsen der Deutschen - gesellschaftlich, politisch, wirtschaftlich, aber auch kulturell - bleibe indes eine Aufgabe, die noch weit in die Zukunft hineinreiche, fügten Schneider und Zollitsch hinzu.