Kabinett beschließt Gesundheitsreform

Es wird natürlich teurer

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die geplante Gesundheitsreform beschlossen. Dies erfuhr die Nachrichtenagentur dapd aus Regierungskreisen. Der Entwurf von Minister Philipp Rösler (FDP) sieht eine Beitragserhöhung zum Jahresbeginn vor. Darüber hinaus soll die Finanzierung der Krankenversicherung mittelfristig umgestellt werden. Rösler räumte ein, dass die Krankenversicherung in den nächsten Jahren für Versicherte teurer werde. Das sei angesichts des medizinischen Fortschritts unvermeidbar.

 (DR)

Mit der Reform steigen die von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gemeinsam finanzierten Kassenbeiträge zum 1. Januar 2011 von heute 14,9 auf 15,5 Prozent. Allein das erhöht die Kosten der Beitragszahler um rund sechs Milliarden Euro. Anschließend soll der Arbeitgeberbeitrag bei 7,3 Prozent eingefroren werden. Künftige Kostensteigerungen übernimmt allein der Versicherte über steigende Zusatzbeiträge. Eine Überforderung soll mit einem Sozialausgleich verhindert werden.



Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung warf der Bundesregierung vor, nicht entschlossen genug zu sparen und den Bürgern somit unnötig Geld aus der Tasche zu ziehen. Die Beiträge würden erhöht, "damit die Einnahmen der Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser weiter kräftig steigen können", erklärte Verbandschefin Doris Pfeiffer der dapd. "Durch ein engagierteres Sparprogramm hätte man das Ziel der finanziellen Stabilität auch ohne einen solchen Beitragsaufschlag erreichen können."



Pfeiffer beklagte, dass die Kliniken rund 1,5 Milliarden Euro zusätzlich bekommen sollten, obwohl etwa jedes fünfte Krankenhausbett leer stehe. Außerdem werde den niedergelassenen Ärzten "schon wieder eine Honorarsteigerung" finanziert, obwohl sie schon heute nach Abzug aller Praxiskosten ein durchschnittliches Brutto-Einkommen von rund 164.000 Euro hätten.



Die Reform enthält ein Sparprogramm, das die Kosten begrenzen soll. Insgesamt hofft die Regierung, dass 2011 rund 3,5 Milliarden Euro weniger ausgegeben werden als ohne die Sparbeschlüsse und 2012 vier Milliarden Euro weniger. Allerdings steigen die Ausgaben insgesamt trotzdem, nur weniger schnell.



Pfeiffer kritisierte auch Röslers Pläne, Gutverdienern den Wechsel in die private Krankenversicherung zu erleichtern. Das koste die gesetzlichen Kassen 400 Millionen Euro pro Jahr.



SPD kritisiert Reform

Die Opposition zeigt sich empört über die Reform. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kritisierte, damit würden die Lasten einseitig auf die Arbeitnehmer umverteilt. Dies sei eine "ziemlich dreiste Klientelpolitik", sagte sie im ZDF-"Morgenmagazin". Die eigentlichen Probleme im Gesundheitswesen würden nicht gelöst.



Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach auf "Spiegel Online" vom "Ende des solidarischen Gesundheitssystems". Die gesetzlich Versicherten würden über steigende Beiträge und eine Kopfpauschale gleich zweifach belastet, während Privatversicherte Privilegien bekämen. Der normale Bürger könne sich auf rasant steigende Kosten einstellen, die über den nächsten Jahren "stetig den Nettolohn bremsen" würden.



Für 2011 rechnet die Koalition nicht mit Zusatzbeiträgen auf breiter Front. Danach werden sie bei einzelnen Kassen unterschiedlich sein - je nach deren Finanzlage. Der Parlamentarische Staatssekretär im Gesundheitsministerium, Daniel Bahr (FDP), sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger", das sei gewollt und "ganz im Sinne des Wettbewerbs".