Die Afghanen haben ein neues Parlament gewählt

Wahl mit Opfern

Trotz Anschlägen und Drohungen der aufständischen Taliban haben am Samstag Hunderttausende Afghanen ein neues Parlament gewählt. Nach Berichten der afghanischen Nachrichtenagentur PAN sollen am Wahltag bei Attentaten und Angriffen mindestens 15 Personen getötet und 40 verletzt worden sein.

 (DR)

Bereits einige Stunden vor Öffnung der Stimmlokale gab es Raketenangriffe in verschiedenen Städten des Landes. In der Hauptstadt Kabul schlug in den frühen Morgenstunden ein Geschoss in der Nähe des Präsidentenpalastes ein. Die aufständischen Taliban hatten schon seit Wochen die Bevölkerung davor gewarnt, von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen.



Zur Wahl stellten sich rund 2.500 Kandidaten, die sich um 249 Mandate bewarben. Die Ergebnisse der Abstimmung werden nicht vor Oktober erwartet. Die Wahl galt als Test für die demokratische Stabilität des Landes. Die Präsidentschaftswahl vor gut einem Jahr war von massivem Wahlbetrug überschattet gewesen. Monatelang war über das Endergebnis gestritten worden.



Noch ist unklar, wie viele der 11,4 Millionen Wahlberechtigten diesmal ihre Stimme abgaben. Bei der Präsidentenwahl im vergangenen Jahr lag die Wahlbeteiligung bei nur knapp 30 Prozent.



Präsident Hamid Karsai gab sich bei der Abgabe seiner Stimme in der Amani-Oberschule in Kabul dennoch optimistisch. Die Abstimmung werde "das Land viele Schritte in die Zukunft führen". Er hoffe auf eine hohe Wahlbeteiligung, sagte er.



Viele Beobachter berichteten jedoch, dass selbst im vergleichsweise sicheren Kabul die Wahlbeteiligung niedrig lag. Wegen Sicherheitsbedenken waren laut der Unabhängigen Wahlkommission des Landes nur 5.355 Stimmlokale geöffnet worden - rund 1.500 weniger als vor gut einem Jahr.



Die Polizei nahm mindestens acht Personen mit gefälschten Stimmzetteln fest. Zuvor kursierten im Lande bereits Tausende falsche Wahlkarten. Es gab zudem zahlreiche Beschwerden und Anzeigen wegen leicht abwaschbarer Tinte, mit der der Zeigefinger der Wähler deutlich markiert werden sollte, um Mehrfach-Abstimmungen zu vermeiden.



Die abwaschbare Tinte war nach Angaben der unabhängigen Organisation "Free and Fair Election Foundation of Afghanistan" (FEFA) ein weit verbreitetes Phänomen. Die Taliban hatten gedroht, Menschen mit gefärbtem Zeigefinger zu enthaupten. In einigen Gegenden bemühten sich die Wähler, die Farbe von den Fingern abzuwaschen.