Streit um Frankreichs Vorgehen gegen Roma dauert an

Auch andere Länder

Französische Regierungsmitglieder haben die Kritik der EU-Kommission am Umgang mit den Roma zurückgewiesen. Der Europarat verweist derweil auf Abschiebungen von Roma auch aus Italien, Dänemark und Schweden.

 (DR)

Der französische Einwanderungsminister Eric Besson sagte, Frankreich habe das EU-Recht eingehalten. Reding habe Sachverhalte vermischt und sich in schockierender Weise geäußert. Europa-Staatssekretär Pierre Lellouche kritisierte ebenfalls die Wortwahl der EU-Kommissarin. So rede man nicht mit einem großen EU-Mitgliedsstaat. Er verwahrte sich vor allem gegen eine Anspielung Redings auf den Zweiten Weltkrieg.



Reding hatte am Vortag ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich wegen der Ausweisung von Roma angekündigt. Zuvor war ein Rundschreiben des französischen Innenministeriums bekanntgeworden, in dem die untergeordneten Behörden aufgerufen wurden, vorrangig gegen illegale Roma-Lager vorzugehen. Besson und Lellouche hatten gegenüber der EU-Kommission in offiziellen Gesprächen aber bestritten, dass Frankreich gezielt gegen bestimmte ethnische Gruppen vorgehe. Dies wäre gemäß EU-Recht verboten.



Die EU-Justizkommissarin hatte unter anderem gesagt, sie sei erschüttert, dass der Eindruck entstanden sei, ein EU-Staat weise Menschen aus, weil sie einer anderen Volksgruppe angehören. "Das ist eine Lage, von der ich gedacht hätte, Europa würde sie nach dem Zweiten Weltkrieg niemals wieder erleben müssen", fügte sie hinzu.



Rückendeckung von Barroso

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso versicherte unterdessen EU-Justizkommissarin Viviane Reding seiner Unterstützung. Sie habe "mit voller Unterstützung der Kommission und von mir persönlich" gehandelt, sagte Barroso am Mittwoch in Brüssel. In der Hitze des Gefechts seien Ausdrücke gefallen, die Anlass zu Missverständnissen sein könnten. Es sei aber nicht Redings Absicht gewesen, die gegenwärtige Lage mit dem Geschehen während des Zweiten Weltkriegs zu vergleichen.



Der französische EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier rief alle Seiten dazu auf, Polemik zu vermeiden. Auch er distanzierte sich von Redings Wortwahl. Die EU-Kommission werde aber ihrer Rolle gerecht, wenn sie prüfe, ob Frankreich gegen EU-Recht verstoßen habe.



Kritik aus Deutschland

Aus deutschen Regierungskreisen hieß es, die notwendigen und richtigen Stellungnahmen der EU-Kommission seien umso wirkungsvoller, wenn sie gemäßigt im Ton ausfielen. Die Bundesregierung erwarte nicht, dass das Thema beim Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag in Brüssel eine Rolle spielt.



Europarats-Menschenrechtskommissar Thomas Hammarberg sagte in Straßburg, Abschiebungen von Roma habe es nicht nur in Frankreich, sondern auch aus Italien, Dänemark und Schweden gegeben. Damit werde das Problem nicht gelöst. Er erinnerte daran, dass Roma in der Tschechischen Republik und Ungarn Opfer von Übergriffen geworden seien. Dass Kanada ihnen deshalb Asyl gewähre, müsse zu denken geben.



Nach Krawallen zwischen Roma und der Polizei hatte Frankreich Ende Juli schärfere Maßnahmen gegen illegale Lager und die Ausweisung von Roma ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung beschlossen. Die Maßnahmen stießen bei der Opposition, bei der Kirche und international auf Kritik.