Unions-Fraktionschef Kauder zur Religionsfreiheit in Asien

"Politik der kleinen Nadelstiche"

Unions-Fraktionschef Volker Kauder hält sich derzeit zu Gesprächen mit der politischen Führung und religiösen Repräsentanten in Malaysia auf. Zuvor besuchte er Indonesien. Im Interview fordert er, dass sich die Außenpolitik der Europäer konsequent für die Grundrechte religiöser Minderheiten einsetzen solle.

 (DR)

KNA: Herr Kauder, welchen Eindruck haben Sie bei Ihren Gesprächen von der Religionsfreiheit in Malaysia bekommen?
Kauder: Premierminister Najib Razak hat uns versichert, dass Attacken und Angriffe auf Christen von der Justiz strikt verfolgt würden. Erst vor kurzem seien einige Täter verurteilt worden. Die Regierung lege Wert darauf, dass auch religiöse Minderheiten ihren Glauben leben könnten. Aber bei Kirchenvertretern und Nichtregierungsorganisationen sind die Schilderungen ernüchternder.

KNA: Inwiefern?
Kauder: Mehrere Gesprächspartner schilderten da - wörtlich - eine Politik der kleinen Nadelstiche. Das ein oder andere davon ist im Zusammenhang mit dem zwischenzeitlichen Verbot, in einer christlichen Publikation "Gott" mit "Allah" zu übersetzen, auch bei uns bekanntgeworden. Christen schilderten uns, dass sie keinen Platz für Friedhöfe bekommen, dass sie auch bei ihren begrenzten sozialen Aktivitäten vergleichbare Schwierigkeiten haben und nicht offen werben dürfen.

KNA: Diese Probleme sprachen auch offizielle Vertreter an?
Kauder: Kuala Lumpurs Erzbischof Murphy Pakiam meinte: Man versucht sich zu arrangieren - aber man kommt keinen Schritt voran. Diese Schilderung hat sich in unseren anderen Gesprächen verfestigt. Das Verbot der offenen religiösen Werbung für Christen, das strafbewährte Verbot eines Religionswechsels von Muslimen - beides zeigt, dass es in Malaysia problematische Tendenzen gibt, die Rechte religiöser Minderheiten zu beschneiden.

KNA: In zwei Jahren wählt Malaysia ein neues Parlament. Beim letzten Mal legte eine islamische Oppositionspartei, die auf die Scharia setzt, deutlich zu...
Kauder: In den vergangenen Tagen haben wir - in Malaysia wie in Indonesien - erfahren, wie wichtig wirtschaftliche Entwicklung ist, um religiösen Extremismus einzudämmen. Die Menschen profitieren von wirtschaftlichem Wachstum. Daran muss man arbeiten. Dann braucht man auch kein Erstarken radikaler Kräfte zu befürchten.

KNA: Haben Sie den Eindruck, dass die EU-Stellen vor Ort sich ausreichend um Menschenrechte und Religionsfreiheit kümmern?
Kauder: Die EU, aber vor allem die gesamte Außenpolitik der europäischen Staaten einschließlich Deutschlands, sollte in allen Ländern mit religiösen Minderheiten diese Themen bei jeder Gelegenheit zur Sprache bringen und die Regierungen zur Religionsfreiheit ermutigen. Es sollte da gar nicht primär um Anklagen gehen. Ich bin dankbar, dass Außenminister Westerwelle das auch zum Thema macht. Aber vor allem eins muss klar sein: Die Christen in Europa beobachten die Situation ihrer Glaubensbrüder und -schwestern genau. Wir stehen in der Pflicht, uns dabei solidarisch zu zeigen. Das meint nicht nur Spenden. Sondern man kann seine Sorge auch einmal in einem Brief an einen Botschafter in Berlin vortragen.

Interview: Christoph Strack