Das Engagement in Afghanistan ist erneut in der Diskussion

"Nichts ist besser geworden"

Nach dem Mord an zehn Mitarbeitern der christlichen Hilfsorganisation IAM in Afghanistan haben die deutschen Partner von der Christoffel-Blindenmission angekündigt, im Land zu bleiben. Das sagte Direktor Rainer Brockhaus im Interview mit domradio.de. Dennoch nimmt die Debatte über das deutsche Engagement wieder an Fahrt auf.

 (DR)

Man werde weiter Augenkliniken der IAM und ein Mikrokreditinstitut anderer Partner unterstützen, sagte Direktor Rainer Brockhaus am Montag (09.08.2010). Allerdings würden die Gefahren mobiler Einsätze in entlegenen Gebieten neu bewertet und deren Förderung möglicherweise verringert.

Die Blindenmission entsendet keine eigenen Mitarbeiter nach Afghanistan. Die Zusammenarbeit mit der IAM läuft schon seit den 70er Jahren, derzeit fließen jährlich etwa 250.000 Euro aus Deutschland. Gefördert werden Augenkliniken, Gesundheits- und Ausbildungsprogramme für Behinderte in Kabul, Masar-i-Scharif und Dschalalabad.

Unterdessen äußerteder sächsische evangelische Landesbischof Jochen Bohl seine
Anteilnahme. «Diesen Anschlag kann man nur mit Abscheu zur Kenntnis nehmen», sagte Bohl. Sein Mitgefühl gelte besonders den Angehörigen der aus Sachsen stammenden Dolmetscherin, die zu den Opfern gehört.

Bohl forderte zugleich eine neue Debatte über die Afghanistan-Politik. Die Ziele des Afghanistan-Einsatzes seien für ihn nach wie vor nicht erkennbar. «Nichts ist besser geworden», sagte der Bischof mit Blick auf die Neujahrspredigt der früheren der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann. Wegen ihrer Aussage «Nichts ist gut in Afghanistan» war sie heftig kritisiert worden.

Täter weiter unklar
Die zehn Mitarbeiter der christlichen Organisation «International Assistance Mission» (IAM) waren in der Nordostprovinz Badachschan getötet worden. Unter ihnen war auch die aus einer Pfarrersfamilie stammende Studentin aus Sachsen, die für das Augenärzteteam als Dolmetscherin arbeitete. Ihre Überführung nach Deutschland wird in den nächsten Tagen erwartet.

Zu der Tat bekannten sich islamische Extremisten. Dennoch wird auch ein Raubüberfall durch Kriminelle nicht ausgeschlossen. Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahed sagte: «Es waren christliche Missionare, und wir töteten sie alle.»

"Kein Missionieren"
Bischof Bohl betonte, dass die 35-Jährige aus Sachsen zwar «aus ihrer Glaubenshaltung heraus», aber nicht zum Missionieren nach Afghanistan gereist sei. Die IAM halte sich an die Verhaltensprinzipien des Internationalen Roten Kreuzes, des Roten Halbmonds und anderer Hilfswerke, wonach medizinische oder soziale Hilfe nicht dafür eingesetzt werden dürfe, eine religiöse Haltung zu propagieren.

Der «brutale Mord» mache die verbrecherische Haltung von Gruppen wie den Taliban deutlich, sagte Bohl. Alle Hilfsorganisationen seien nun vor die Frage gestellt, ob sie ihr Engagement in dem Land am Hindukusch überhaupt weiterführen können.