Suche nach Schuldigen der Loveparade-Katastrophe hat begonnen

Tragödie mit Ansage

Nach der Massenpanik bei der Loveparade mit 19 Toten verdichten sich die Hinweise auf Sicherheitslücken bei der Planung der Großveranstaltung. Dabei geraten die Stadt Duisburg und der Veranstalter zunehmend unter Druck. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft richten sich aber bislang nicht gegen konkrete Personen.

 (DR)

Nach Informationen von «Spiegel Online» war der alte Güterbahnhof in Duisburg als Partygelände nur für 250 000 Besucher freigegeben. Bemängelt wurde auch, dass der Tunnel, von dem aus die Tragödie mit 19 Toten und 342 Verletzten ihren Ausgang nahm, nicht einziger Zu- und Abgang zum Festival hätte sein dürfen.

Laut «Spiegel Online» soll der Sachbearbeiter der Unteren Bauaufsicht im Duisburger Amt für Baurecht und Bauberatung in einem Verwaltungsdokument die Organisatoren von der Vorschrift befreit haben, die vorgeschriebenen Breiten der Fluchtwege einhalten zu müssen. Gleichzeitig verzichteten die Beamten auf Feuerwehrpläne. Dafür hätten sie den Ausrichtern der Party vorgegeben: «Die maximale Personenzahl, die sich gleichzeitig auf dem Veranstaltungsgelände aufhalten darf, wird (...) auf 250 000 Personen begrenzt.» Die Veranstalter des Festes hatten noch wenige Stunden vor dem Unglück von etwa 1,4 Millionen erwarteten Teilnehmern gesprochen.

Wie «Spiegel Online» weiter erfuhr, sollen inzwischen bei der Bundespolizei sämtliche Unterlagen zur Loveparade - Einsatzbefehle, Lagemeldungen, Karten - von den Computern der Beamten sowie aus deren E-Mail-Accounts gelöscht worden sein.

Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung
Die Duisburger Staatsanwaltschaft ermittelt nach eigenen Angaben wegen fahrlässiger Tötung. Die Ermittlungen richteten sich aber derzeit gegen Unbekannt. Zunächst müssten Fotos und Videos ausgewertet sowie Zeugen gehört werden, ehe gegen konkrete Personen ermittelt werden könne. Wann diese Auswertung abgeschlossen sei, sei derzeit noch nicht abzusehen.

Der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Frank Richter, hält es für offen, ob die Duisburger Polizeiführung mit Sicherheitsbedenken gegen die Loveparade genügend Druck gemacht hat. Richter sage, die Polizei habe in NRW jedenfalls «genügend Möglichkeiten», ihre Einwände durchzusetzen. Eine davon sei, sich an das Innenministerium in Düsseldorf zu wenden. Wenn die Duisburger Polizei heute sage, sie habe vor dem Event «große Kritik» geäußert, müssten - so Richter - nunmehr auch «Ross und Reiter» genannt werden.

Trauerfeier für die Opfer
Die Stadt Duisburg will derweil mit einer Trauerfeier der Opfer der Loveparade gedenken. Ein Termin dafür steht nach Angaben von Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) derzeit noch nicht fest. Die Frage nach seiner politischen Zukunft ließ Sauerland offen. Nach dem Unglück war vielfach der Rücktritt des Stadtoberhaupts gefordert worden. «Ich werde mich dieser Frage stellen», kündigte Sauerland an. Zunächst gelte es aber, die Puzzleteile zusammenzutragen, die zu dieser Katastrophe geführt hatten. «Wir werden Antworten geben, sobald wir auch der Staatsanwaltschaft Antworten gegeben haben.»

Nach Angaben der Polizei vom Sonntagabend wurden inzwischen alle 19 Todesopfer identifiziert. Unter den Opfern seien acht Ausländer: aus Australien, den Niederlanden, Italien, Bosnien-Herzegowina und Spanien. Unter den Toten sei auch eine in Düsseldorf lebende Chinesin. Die deutschen Opfer stammen laut Polizei aus Gelsenkirchen, Münster, Castrop-Rauxel, Bad Oeynhausen, Bielefeld, Mainz, Lünen, Hamm, Bremen, Steinfurt und Osnabrück.

Der Panik- und Stauforscher Michael Schreckenberg sieht derweil den Auslöser für die Katastrophe bei der Loveparade in Duisburg im Verhalten von Teilnehmern. «Das Unglück ist nicht passiert, weil es zuvor im Tunnel zu eng und die Masse panisch war, sondern weil einige hinter dem Tunnel versucht haben, schneller auf das Gelände zu gelangen», sagte Schreckenberg, der an dem Sicherheitskonzept für die Loveparade beteiligt war.