Unruhe wegen Sexualität und Frauenfrage auf Lutheraner-Weltkongress

Die Diskussionen ähneln sich

Diskussionen über Homosexualität und Frauen im Pfarramt sorgen auf der Weltkonferenz der Lutheraner für Unruhe und Besorgnis unter den Mitgliedern. Derweil bezeichnete der ehemalige Ökumenekardinal Walter Kasper in seinem Gastvortrag die ökumenische Bewegung der letzten 40 Jahre als "Erfolgsgeschichte".

 (DR)

Nach Einschätzung des Generalsekretärs des Lutherischen Weltbundes, Ishmael Noko, gebe es aufgrund unterschiedlicher Auffassungen in moralischen Fragen jedoch «keine Spannungen». Der  aus Simbabwe stammende Theologe sagte am Mittwoch auf der 11. LWB-Vollversammlung in Stuttgart, die LWB-Kirchen seien nachdrücklich aufgefordert worden, «angemessene Schritte im Blick auf die Ordination von Frauen zu unternehmen und gegebenenfalls für eine Politik der Gleichstellung zu sorgen». Der kirchliche Dachverband repräsentiert 70 Millionen Christen in 79 Ländern.

Kardinal Walter Kasper, früherer Präsident des Päpstlichen Einheitsrates, bezeichnete die ökumenische Bewegung der letzten 40 Jahre als Erfolgsgeschichte. «Wir haben keinen ökumenischen Winter», sagte Kasper vor den rund 400 Delegierten der Vollversammlung unter großem Applaus. Angesichts der großen Herausforderungen wie Klimawandel, weltweitem Hunger und Zugang zu sauberem Wasser müssten die Christen noch intensiver zusammenarbeiten.

Kasper:
Katholiken wollen Dialog entschlossen fortsetzen
Die katholische Kirche sei entschlossen, den ökumenischen Dialog fortzusetzen, so Kasper. Die Kirchen könnten es sich nicht weiter leisten, «an ihren Differenzen festzuhalten». Allerdings dürften bestehende theologische Unterschiede etwa im Amtsverständnis auf dem Weg zu mehr Einheit nicht ignoriert werden, warnte der langjährige «Ökumene-Minister» des Vatikan mit Blick auf ein gemeinsames Abendmahl.

LBW-Präsident Mark S. Hanson erklärte zum Umweltschutz, der Kritik an der von BP verursachten Ölpest im Golf von Mexiko fehle es an Glaubwürdigkeit. Die Empörung und Wut über die Nachlässigkeit und den Leichtsinn, die zu der Katastrophe führten, seien zwar verständlich, doch müssten sich auch die Konsumenten von Erdölprodukten ihrer Verantwortung bewusst sein, so der US-amerikanische Bischof in seinem
Bericht: «Zur ehrlichen Bestandsaufnahme des Geschehenen und Unterlassenen gehört auch ein Eingeständnis unserer eigenen Schuld.»

Noko: Beschlüsse moralisch verbindlich
Noko beklagte, die Beschlüsse zur Frauenordination seien bislang in vielen LWB-Mitgliedskirchen auf wenig Resonanz gestoßen. «Dadurch werden wir herausgefordert zu prüfen, ob und in welchem Maße Beschlüsse der Vollversammlung von den Kirchen als moralisch verbindlich angesehen werden», so Noko. Er mahnte zur Geduld. So habe bereits die siebte LWB-Vollversammlung 1984 dazu aufgerufen, bis zur Neunten Vollversammlung für eine Ausgewogenheit zwischen Männern und Frauen als Delegierte zu sorgen. Dies sei jedoch erst in Stuttgart verwirklicht worden.

Bis heute können nicht in allen evangelischen Kirchen Frauen Pfarrerinnen werden. Von den 140 im Lutherischen Weltbund zusammen geschlossenen Kirchen lehnen rund 30 die Frauenordination ab. Überwiegend sind das Kirchen in Afrika, Asien und Osteuropa. Zudem lehnen auch lutherische Kirchen, die nicht dem LWB angehören, die Ordination von Frauen in das geistliche Amt ab. Maria Jepsen, die weltweit erste lutherische Bischöfin aus Hamburg, nahm nach ihrem Rücktritt nicht an der Tagung teil.
Warnung vor Spaltungen
Der LWB-Präsident warnte vor Spaltungen in der Christenheit aufgrund moralischer Fragen. Christen sollten sich in ihren unterschiedlichen Ansichten zur Homosexualität oder zur Frauenordination gegenseitig respektieren und nicht untereinander bekämpfen, sagte der US-amerikanische Bischof in Stuttgart. Auch innerhalb des Luthertums gebe es unterschiedliche Ansätze zu den Themen Ehe, Familie und menschliche Sexualität, räumte Hanson ein. Er verwies darauf, dass der Lutherische Weltbund 2007 einen Ausschuss gebildet habe, der bis 2012 den Diskussionsstand innerhalb der Mitgliedskirchen zusammenfassen soll.

Die Themen Homosexualität und Frauenordination stehen nicht auf der offiziellen Tagesordnung der LWB-Konferenz, können aber über Arbeitsgruppen eingebracht werden. Während lutherische Kirchen in Afrika und Osteuropa etwa die Zulassung von Homosexuellen oder Frauen zum Pfarramt vehement ablehnen, gibt es in Schweden die weltweit erste offen lesbisch lebende lutherische Bischöfin. Die anglikanische Kirchengemeinschaft steht wegen des Streits um den Umgang mit homosexuellen Menschen am Rand der Spaltung.

Die Weltkonferenz der Lutheraner hatte am Dienstag in Stuttgart begonnen. An den Konferenz nehmen insgesamt rund 1.000 Menschen teil. Die Vollversammlung ist das höchste Entscheidungsgremium des LWB und findet etwa alle sechs Jahre statt.