Sprecher der Bischofskonferenz zu den neuen Vatikan-Normen

"Wir wollen diese Aufklärung"

Der Papst greift durch. Im Rom wurden heute neue härtere Strafrichtlinien für sexuellen Missbrauch veröffentlicht. Die deutsche Bischofskonferenz begrüßt die verschärften kirchlichen Strafnormen aus Rom. Im Interview: Mathias Kopp, der Sprecher der deutschen Bischöfe.

 (DR)

domradio.de: Vielleicht zunächst zur Erklärung: Das Dokument aus Rom heißt: „Normen über die schwerwiegenden Delikte". Und dieses Papier ist nicht ganz neu - es steht in einer Tradition. Also es gab bereits seit langem kirchliche Sanktionen für sexuellen Missbrauch, richtig?
Matthias Kopp: Das Papier stammt ursprünglich aus dem Jahr 2001. Es ist gewissermaßen eine Konsequenz aus dem damals aufkommenden Thema mit Blick auf die USA, was uns damals wie eine Welle überrollt hat. Daher gibt es bereits Sanktionsmaßnahmen, die eben nun durch die Erfahrungen der letzten Jahre noch einmal verschärft worden sind. Der Vatikan hat Stellungnahmen aus aller Welt gesammelt. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz war im Frühjahr noch in Rom, um sich nach dem Stand dieser Dinge zu erkundigen. Aus dieser Reflexion über das, was die Weltkirche eingebracht hat, sind diese verschärften Strafmaßnahmen zusammengefasst worden.
domradio.de: Das sind alles kircheninterne Strafregeln, also die Bestrafung der Täter nach den staatlichen Gesetzen bleibt davon getrennt, richtig?
Kopp: So ist es. Wir haben zwei völlig unabhängige Rechtskreise: einen kirchlichen, der nach dem kirchliche Gesetzbuch handelt, und einen staatlichen. Wir legen großen Wert darauf, dass z.B. im Falle eines kirchlichen Verfahrens innerhalb des kirchlichen Bereiches gegenüber einem Priester, der sich des sexuellen Missbrauchs schuldig gemacht hat, das dieses Verfahren völlig unabhängig vom staatlichen Verfahren erfolgt und dem auch nicht vorgeordnet wird. Das sind zwei verschiedene Dinge: Wir greifen nicht beim Staat ein, und der Staat nicht bei uns. Beides muss parallel laufen.

domradio.de: Diese kirchenrechtlichen Strafnormen für sexuellen Missbrauch sind in Rom verschärft worden. Erzbischof Robert Zollitsch - der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz - begrüßt diese Verschärfung. Er erklärte: „Das sei ein klares Signal für die rückhaltlose Aufklärung und Ahndung solcher Delikte." Welche Inhalte sind es, die Erzbischof Zollitsch damit meint?
Kopp: Das Dokument umfasst ja verschiedene Delikte, also da geht es um Sakramentenschändung, um schismatische Akte, um illegale Priesterweihungen von Frauen usw. Und eben auch, für uns in der gegenwärtigen Debatte in Deutschland besonders interessant, um sexuellen Missbrauch. Zwei Punkte sind entscheidend: der erste, dass die Verjährungsfrist beginnend ab dem 18. Lebensjahr einer Person, also ab der Volljährigkeit, im Kirchenrecht von zehn auf 20 Jahre erhöht wird. Das ist eine deutliche Option, die sich für die Opfer ausspricht. Und der zweite Aspekt, dass der Besitz von kinderpornografischen Material unter schwere Strafe gestellt wird. Es kommt noch ein dritter Aspekt hinzu, der sehr juristisch formuliert ist, nämlich die Frage, wie mit einem Priester, der sich eines Missbrauchs schuldig gemacht hat, umgegangen wird. Auch die Frage nach Amtsenthebung und Entfernung aus dem Amt wird in diesen Normen sehr komplex beschrieben.
domradio.de: Bedeutet das neue Dokument aus Rom, dass der Vatikan und die deutschen Bischöfe auf einer Linie liegen?  
Kopp: Absolut. Wir haben ja als Bischofskonferenz, seitdem es dieses Dokument aus 2001 gibt, uns daran orientiert. 2002 haben wir unsere Leitlinien erarbeitet. Sie wissen, dass wir unsere Leitlinien heute wieder überarbeiten. Dieses Papier aus Rom wird in unsere Leitlinien mit einfließen. Da sind wir gut auf einer Linie, und Rom und auch wir in unserer Anwendung in Deutschland zeigen: Wir wollen diese Aufklärung.