Debatte um Embryonen-Urteil geht weiter

Dammbruch verhindern

Die Debatte um das Urteil des Bundesgerichtshofs zu Gentests an Embryonen ist auch am Donnerstag weiter gegangen. Vertreter der katholischen Kirche verurteilten den Richterspruch, weil die Zulassung der sogenannten Präimplantationsdiagnostik (PID) die Tötung menschlichen Lebens bedeute.

 (DR)

Der Münchner katholische Erzbischof Reinhard Marx sagte der «Frankfurter Rundschau», das Urteil sei ein weiterer Schritt, um «die Grenzen zwischen Schöpfer und Geschöpf fließend werden zu lassen. Das bedroht die Gleichheit und Würde aller Menschen». Letztlich sei damit «die Demokratie gefährdet».

Der Freiburger katholische Moraltheologe Eberhard Schockenhoff erklärte in der Zeitung, das Urteil stelle «eine unerträgliche Diskriminierung von behinderten Menschen dar, denen nun mit rechtsstaatlicher Billigung bescheinigt wird, dass sie auch schon vor ihrer Geburt hätten aussortiert werden dürfen, wenn die entsprechenden Diagnosemöglichkeiten damals schon verfügbar gewesen wären».

Das Mitglied des Deutschen Ethikrats befürchtet, dass es in Deutschland zu einer ähnlichen Entwicklung wie in anderen europäischen Ländern kommt. Dort würden mit Hilfe der PID bereits «Top-Embryonen» ausgewählt oder Embryonen mit einem Risiko für genetische Krankheiten ausgesondert. Auch das Kolpingwerk Deutschland kritisierte die Entscheidung. Menschliches Leben sei unverfügbar und schützenswert - unabhängig von Krankheit oder Behinderung, erklärte der Verband in Köln.

Auch der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Günter Krings (CDU), kritisierte, die Entscheidung öffne die Schleusen zu einer Selektion von Embryonen. «Wir müssen jetzt prüfen, inwieweit gesetzlicher Handlungsbedarf besteht, um einen Dammbruch bei der genetischen Untersuchung von Embryonen zu verhindern», sagte er in Berlin. Eine freie Zulassung von genetischen Tests an Embryonen dürfe es auch zukünftig nicht geben.

Dagegen forderte die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Ulrike Flach, die PID müsse für genetisch schwer vorbelastete Paare ermöglicht werden. «Der Wesensgehalt der PID ist eben nicht Selektion, sondern die Hilfe zu einem gesunden Kind.» Ein Verbot der PID hält die FDP dagegen für verfassungsrechtlich bedenklich, weil es genetisch vorbelasteten Paaren dadurch unmöglich würde, eigene gesunde Kinder zu bekommen.

Die Liberalen plädieren deshalb dafür, PID nach eingehender ärztlicher Beratung und dem positiven Votum einer Ethikkommission in bestimmten Fälle zuzulassen. Flach sagt, sollte es mit dem Koalitionspartner keine Einigung geben, dann sei auch eine parteiübergreifende Initiative denkbar.

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