CO2-Fußabdruck könnte Verbrauchern die Orientierung und Unternehmen das Sparen erleichtern

Kleine Schritte für den Klimaschutz

Seit heute beraten die Klimaunterhändler in Bonn erneut über die nächsten Schritte im weltweiten Kampf gegen den Klimawandel. Die Erwartungen sind seit der Kopenhagener Konferenz jedoch deutlich gesunken. Daher wird fieberhaft überlegt, wie der Klimaschutz auf nicht-staatlicher Ebene vorangetrieben werden kann.

Autor/in:
Nicole Scharfschwerdt
Umwelt: Fußabdrücke hinterlässt der Mensch nicht nur im Sand (DR)
Umwelt: Fußabdrücke hinterlässt der Mensch nicht nur im Sand / ( DR )

Mit rund elf Tonnen Kohlendioxid trägt jeder Deutsche im Jahr zum globalen Treibhausgasausstoß bei. Berechnungen legen nahe, dass dieser Wert im weltweiten Durchschnitt bis 2050 auf rund zwei Tonnen sinken muss, um das Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu beschränken, einhalten zu können.

Ein Projekt, das sich direkt an die Verbraucher richtet, ist die Einführung eines sogenannten CO2-Labels - eine Art Kalorienzähler für den klimabewussten Verbraucher. Bei einem Auto gibt der Spritverbrauch einen Hinweis auf die Klimabelastung, bei der Waschmaschine die Effizienzklasse. Aber bei einem T-Shirt oder einer Tüte Chips? Der Bundesverband Verbraucherzentralen schätzt, dass Verbraucher bis zu 76 Prozent Strom, Geld und Kohlendioxid sparen können, wenn sie bewusst einkaufen.

Es geht nicht um Kaufverbote
Jacob Bilabel ist Geschäftsführer von «Thema 1», eines Think-Tanks, der das Projekt des sogenannten CO2-Fußabdrucks in Deutschland vorantreibt. Gemeinsam mit dem Öko-Institut und dem Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat «Thema 1» die PCF-Plattform zur Förderung klimaverträglichen Konsums initiiert, an der derzeit neun Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen teilnehmen. Die Partner wollen herausfinden, wann im Laufe eines Produktlebens Treibhausgase anfallen, wie diese reduziert werden können und wie Verbraucher zu klimaverträglichem Konsum ermuntert werden können. «Es geht nicht darum, Kaufverbote zu machen, sondern Wege in Richtung klimaverträglichen Konsums zu weisen», fasst Bilabel das Vorhaben zusammen.

In Großbritannien tauchte erstmals 2007 ein kleiner schwarzer Fußabdruck auf Verpackungen auf, der Verbrauchern sagte, wie viel CO2 in dem Produkt steckt. Seitdem können Käufer einer kleinen Chipstüte entnehmen, dass von der Herstellung bis zur Entsorgung des Snacks samt seiner Verpackung 75 Gramm Kohlendioxid anfallen, bei einem Viertel Liter frisch gepressten Orangensaft sind es 400 Gramm CO2. Ähnliche Projekte gibt es in Österreich und der Schweiz. Gerade hat Frankreich ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die schrittweise Einführung eines CO2-Fußabdrucks vorsieht.

Die Grammzahl allein ist nicht entscheidend
In Deutschland wird derzeit noch experimentiert. «Die Grammzahl allein ist nicht entscheidend», sagt Bilabel. Denn wer könne schon einschätzen, ob 75 Gramm CO2 für eine Chipstüte viel oder wenig seien. Letzten Endes sei entscheidend, dass der Verbraucher eine klare Handlungsempfehlung bekomme. Denkbar ist von der bloßen Kennzeichnung, dass der CO2-Verbrauch überhaupt berechnet wurde, über ein Ampelsystem bis hin zu preislichen Anreizen vieles. «Das Label auf dem Produkt ist der minimale Wurmfortsatz einer riesigen Debatte», stellt Bilabel fest.

Zunächst gehe es darum, dass die Unternehmen ein Bewusstsein dafür entwickelten, wo sich in der Produktkette Klimakiller verbergen. «Die Ergebnisse verdeutlichen, welche Rohstoffe und Prozessschritte besonders hohe Emissionen verursachen und decken sinnvolle Ansatzpunkte für Reduktionsmaßnahmen auf», stellte etwa Uwe Bergmann von Henkel zum Start der zweiten Phase der PCF-Plattform im Mai fest.

Industrie will keine öffentliche Kennzeichnung
Beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zeigt man sich offen hinsichtlich möglicher Optimierungsverfahren. Gerade wird in Zusammenarbeit mit dem Bundesumweltministerium ein Leitfaden erarbeitet, der Unternehmen konkrete Hinweise geben soll, wie sie den CO2-Fußabdruck erfassen können. Im Oktober soll er vorgestellt werden.

Intern handle es sich bei der CO2-Berechnung durchaus um «ein sinnvolles Optimierungswerkzeug», sagt Franz-Josef von Kempis vom BDI. Zweifel äußert er allerdings an der öffentlichen Kennzeichnung. «Wir halten das für einen Irrweg», stellt er klar. Klimaschutz sei nur ein Baustein, man müsse dem Verbraucher jedoch Informationen über alle umweltrelevanten Aspekte zur Verfügung stellen. «Wir wollen eine vernünftige Kennzeichnung und keine, die dem Verbraucher etwas vorgaukelt», sagt von Kempis und plädiert daher für die Ausweitung des bekannten Blauen Engels.

Ministerium setzt auf den Engel
Auch im Haus von Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) setzt man auf den Umweltengel. CO2-Labels seien zwar «ein wichtiges Instrument zur Förderung eines klimaverträglicheren Konsums», die Umsetzung sei aus methodischen Gründen derzeit allerdings schwierig, heißt es in einem Memorandum des Ministeriums zum CO2-Fußabdruck. Unabhängig davon sei es fraglich, ob und welche Etikette überhaupt zu klimabewussterem Konsum beitragen könnten.

Zunächst sollen daher bis Ende 2011 die 100 klimarelevantesten Produkt- und Dienstleistungsgruppen mit einem Engel ausgezeichnet werden, der den Zusatz «schützt das Klima» enthält. Das Ministerium spricht von einem «Wegweiser für den Klimaschutz».