Schweizer Bischof löst deutschen "Ökumene-Minister" im Vatikan ab

Koch folgt Kasper

Der deutsche Kurienkardinal und bisherige "Ökumene-Minister" des Vatikans, Walter Kasper, geht in den Ruhestand und wird vom Baseler Bischof Kurt Koch beerbt. Koch arbeitete bereits als Mitglied im Einheitsrat und widmete sich auch in der Schweizer Bischofskonferenz ökumenischen Fragestellungen.

Erzbischof Kurt Kardinal Koch (KNA)
Erzbischof Kurt Kardinal Koch / ( KNA )

Seit Monaten galt es im Vatikan als offenes Geheimnis, dass der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper mit 77 Jahren in den Ruhestand gehen wird. Nur der genaue Zeitpunkt seines Rückzugs als «Ökumene-Minister» und die Nachfolge an der Spitze des Päpstlichen Einheitsrates blieben lange unbekannt. Seit heute ist klar: Der 60 Jahre alte Baseler Bischof Kurt Koch löst den Deutschen ab. Koch teilt die Ernennung durch Papst Benedikt XVI. in einem persönlichen Schreiben an die Seelsorger seiner Diözese mit Datum vom 29. Juni mit. Bereits im Februar habe ihn der Papst nach seiner Bereitschaft zur Übernahme dieser Aufgabe gefragt, schreibt der Bischof.

Der Schweizer übernimmt seine neue Aufgabe nach eigenen Angaben am Donnerstag. Zudem habe ihn der Papst zum Apostolischen Administrator seiner bisherigen Diözese Basel ernannt. Dies gelte bis zum Amtsantritt eines neuen Bischofs.

Benedikt XVI. erklärte nach Kochs Angaben, es sei ihm ein wichtiges Anliegen, dass die Leitung des Einheitsrates von jemandem wahrgenommen werde, der die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen nicht nur aus der Literatur, sondern «aus der unmittelbaren Erfahrung» kenne. Damit habe der Papst erneut gezeigt, dass ihm nicht nur die Ökumene mit den Orthodoxen, sondern auch jene mit den Protestanten am Herzen liege, so Koch.

Der Bischof freut sich nach eigenen Worten, der Ökumene auch in Rom dienen zu können. Dennoch sei es ihm keineswegs leicht gefallen, das Bistum Basel zu verlassen. Koch spricht aber auch von zunehmenden «zeitraubenden innerkirchlichen Auseinandersetzungen und Polarisierungen». Angesichts der Bedingungen, unter denen er als Bischof von Basel seine Aufgaben wahrnehmen müsse, habe er sich die Frage stellen müssen, ob ihm dies noch weitere 15 Jahre «ohne Ermüdungserscheinungen» möglich gewesen wäre. Er halte es deshalb für einen günstigen Augenblick, dass ein neuer Bischof «mit noch frischen Kräften diese große Verantwortung» übernehmen könne.

Koch hofft, in seinem neuen Amt auch einen Beitrag zu einer besseren Beziehung zwischen den Ortskirchen in der Schweiz und der universalkirchlichen Verantwortung des Papstes leisten zu können. In seinem Schreiben beklagt er eine «zunehmende antirömische Stimmung» und auch eine «gravierende Entfremdung» gegenüber Benedikt XVI.

Er weist den «in der Öffentlichkeit weit verbreiteten» Vorwurf zurück, der Papst wolle hinter die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) zurückgehen. Benedikt XVI. wolle keineswegs zurück, sondern die Kirche «vielmehr in die Tiefe führen». Es gehe ihm nicht um einzelne Reformen, sondern darum, dass «Grund und Mitte von Glaube und Kirche wieder zum Leuchten gebracht werden».



Kaspers Nachfolger Koch gilt als enger Vertrauter von Papst Benedikt XVI. Im Streit um die Aufhebung der Exkommunikation von Bischöfen der umstrittenen Pius-Bruderschaft, darunter ein Holocaust-Leugner, stellte sich der 60-Jährige an die Seite des Papstes. Zudem lobte Koch das deutsche Kirchenoberhaupt als «grünen Papst», der permanent die Verantwortung gegenüber der Schöpfung in Erinnerung rufe.

Kasper freut sich auf den Ruhestand
Walter Kasper war das Lied vom Dialog mit den anderen Kirchen nicht gerade an der Wiege gesungen worden. Der scheidende Präsident des Einheitsrats wurde im rein katholischen Heidenheim an der Benz in der Ostalb geboren. «Luther war ein schlimmes Wort», sagt der ehemalige Bischof von Rottenburg-Stuttgart, der auch in den knapp zehn Jahren in Rom seinen gemütlichen schwäbischen Akzent bewahrte.

Kasper verbrachte rund die Hälfte seines Lebens an Universitäten, vor allem in Tübingen und Münster, unter anderem als Assistent von Hans Küng. Dennoch sah er seine Aufgabe nicht hauptsächlich in der theologischen Auseinandersetzung. Mit feiner Ironie und konzentriert gewählten Worten unterstrich er immer wieder die menschliche Dimension als Grundlage seiner Aufgabe im Vatikan, die neben den Beziehungen zu den christlichen Kirchen auch die Kontakte des Vatikans zum Judentum umfasste.

Von der vielfach beschworenen Eiszeit im Dialog mit anderen Kirchen wollte der stets optimistisch wirkende Kasper auch in ärgsten Krisenzeiten nichts wissen. Dabei war nach der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre von 1999 der Elan des katholisch-lutherischen Dialogs spürbar verflogen. Auf die Frühlingszeit des Zweiten Vatikanischen Konzils der 60er Jahre folge schließlich rein klimatisch gesehen der Sommer, in dem es zu reinigenden Gewittern komme, dämpfte Kasper zu Beginn des neuen Jahrtausends den ökumenischen Pessimismus.

Am Ende trugen die unermüdlichen Bemühungen des geduldigen Kardinals zumindest in Richtung der Orthodoxie Früchte: Nach sechs Jahre langer Pause wurde der theologische Dialog zwischen Orthodoxen und Katholiken 2005 in Belgrad offiziell wieder aufgenommen.

Kasper blickt nun seinem Ruhestand in Rom entgegen. Dort will er sich wieder mehr theologischen Fragen widmen. Dem «Focus» sagte er, er freue sich, dass er nun weniger reisen müsse: «Man merkt ja schon, dass man schneller müde wird und dass das Gedächtnis ein wenig nachlässt.»