Acht von neun Vorgängern Wulffs waren Protestanten

Ein Katholik als Bundespräsident

Nach mehr als 40 Jahren wird wieder ein Katholik deutscher Bundespräsident. Lediglich Heinrich Lübke, der das höchste Staatsamt von 1959 bis 1969 inne hatte, gehörte der katholischen Kirche an. Danach kamen sieben Protestanten. Und Wulff machte mit diversen Äußerungen seine Bindung an den christlichen Glauben deutlich.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt und Christoph Strack
 (DR)

"Mir gibt der Glaube ein Wertegerüst, Orientierung, Bindung und das Vertrauen, dass da etwas über uns ist, dass es eine Letztverantwortung und eine Perspektive über den Tod hinaus gibt."

Wulff, geboren am 19. Juni 1959 in Osnabrück, verlebte in seiner Heimat eine klassisch kirchlich geprägte Kindheit: katholischer Kindergarten, katholische Elisabethschule, mit acht Jahren Sternsinger. Seit 2003 Ministerpräsident, war er 2005 Gastgeber des Evangelischen Kirchentages in Hannover, 2008 dann des Katholikentages in seiner Geburtsstadt. Und er betonte die "Seismographenfunktion der Kirchen", die nah an den Menschen in Not seien. Bis heute ist Wulff eines von wenigen katholischen Kuratoriumsmitgliedern der Evangelisationsbewegung "Pro Christ".

Drastischer Knick in der Biographie
In diesen Jahren erfuhrt seine Biografie einen drastischen Knick.
Nach knapp 20 Jahren Ehe trennte sich Wulff 2006, von den Medien begleitet, von seiner Frau Christiane, mit der er die heute 16-jährige Tochter Annalena hat. Im März 2008 heiratete er die fast 15 Jahre jüngere PR-Beraterin Bettina Körner, die wenige Wochen später den gemeinsamen Sohn Linus Florian gebar.

Nach geltendem Kirchenrecht ist Wulff weiterhin Mitglied der katholischen Kirche, bleibt aber wegen der neuen Eheschließung vom Sakrament der Eucharistie ausgeschlossen, da seine erste Ehe kirchenrechtlich weiterhin besteht. Für den Landesvater ist dieser Zustand, wie er sagt, ein sehr schmerzliches Faktum. Kirchlichen Segen holte sich das junge Paar in der evangelischen Kirche - Bettina Wulff ist Protestantin.

Im Oktober 2007 empfing ihn Papst Benedikt XVI., so wie er das üblicherweise mit deutschen Ministerpräsidenten tut, zu einer halbstündigen Audienz, die laut Wulff "in ausgesprochen freundlicher Atmosphäre" stattfand. Der Papst habe ihn durch "Menschenfreundlichkeit, Klugheit und Informiertheit" beeindruckt.

Förderer des islamischen Religionsunterrichts
In dem Gespräch ging es auch um den christlich-muslimischen Dialog.
Bei diesem Thema sorgte Wulff wiederholt für Aufsehen: Kein Bundesland ist bei islamischem Religionsunterricht an Regelschulen weiter, die Uni Osnabrück hat eine Vorreiterrolle bei der Fortbildung von Imamen und muslimischen Religionslehrern. Und im März machte er die Hamburger CDU-Politikerin Aygül Özkan zur Sozialministerin. Seitdem sitzt erstmals eine Muslima mit Migrationshintergrund an einem deutschen Kabinettstisch.

Der Katholik Wulff äußerte sich am vorigen Wochenende in einem Interview zur Lage seiner Kirche in einer Art, wie es kaum einer seiner Vorgänger vor ihrer Wahl gehalten hätte. Die katholische Kirche, so der 50-Jährige, "muss Missstände beseitigen, für die Schuldigen Konsequenzen ziehen und für die Zukunft Vorkehrungen treffen, dass sich so etwas nicht wiederholt".

Glückwunsch von Zollitsch
Und mit Blick auf kirchliche Lehrfragen forderte er eine stärkere Debatte über die Rolle der Frau und über Ämter für Frauen. "Diese Debatte sollte auch den Zölibat nicht aussparen." Denn viele Männer wären hervorragende Priester, fühlten sich den Anforderungen des Zölibats aber nicht gewachsen. Wenn Wulff also, wie sein Vorgänger, gelegentlich zum aus Deutschland stammenden Papst in den Vatikan reist, werden die beiden Gesprächsstoff haben.

An diesem Mittwochabend erinnerte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, in seinem Glückwunsch "sehr froh" daran, dass die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem Bundespräsidenten in den vergangenen Jahren "immer hervorragend waren". Schon heute biete er Wulff die ungeteilte Unterstützung der Bischofskonferenz an. Auch die Bischöfe werden nach den Äußerungen des Kandidaten Wulff gespannt auf die Ausführungen des Präsidenten Wulff schauen.