Neue Perspektiven nach Mixas Einlenken

Aufbruch aus der Krise?

Aufatmen weit und breit: Walter Mixa hat sich endgültig mit dem Verlust des Augsburger Bischofsamtes abgefunden. Nur kurze Zeit, nachdem Zeitungen über ein Dossier mit Vorwürfen gegen den 69-Jährigen berichtet hatten, erklärte der Geistliche am Mittwoch, er stelle seinen Rücktritt nicht länger infrage. Ist das der Beginn vom Ende der Kirchenkrise?

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Nach einem irritierenden Interview in der Tageszeitung "Die Welt", in dem Mixa einen Rücktritt vom Rücktritt angedeutet und sich über Druck seiner Mitbischöfe beklagt hatte, zeigte er sich am Mittwoch selbstkritisch: Er sei "in vieler Hinsicht schuldig geworden", heißt es in einem Brief an die Katholiken im Bistum Augsburg. Mixa bat um Verzeihung und rief zur Versöhnung auf.

Nach quälenden Wochen also zumindest ein Krisenherd weniger für die arg gebeutelte Kirche. Erst die Affäre um die Piusbrüder, dann die Welle der Missbrauchsvorwürfe gegen Geistliche und schließlich die unselige Causa Mixa: Seit Anfang 2009 schien sie von Skandal zu Skandal zu schlittern, doch am Ende räumten die Verantwortlichen - mitunter bis hin zum Papst - Fehler ein und schufen damit die Voraussetzung für einen Neuanfang

Doch wie schwer es sein wird, die Image-Schäden wieder abzustreifen, zeigt eine Umfrage, die am Mittwoch in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" veröffentlicht wird. Das Institut für Demoskopie Allensbach kann die Auswirkungen der Krise in Zahlen belegen. Nach den Erkenntnissen von Allensbach-Leiterin Renate Köcher hat der Missbrauchsskandal die Einstellung der Bevölkerung zur Kirche in Deutschland verändert. Allerdings betrifft dies vor allem religiös weniger Gebundene. Demnach sank der Anteil derer, die der Kirche moralische Orientierung zutrauen, zwischen März und Juni von 29 auf 23 Prozent. 2005 lag er noch bei 35 Prozent. Antworten auf Sinnfragen erwarten sich noch 38 Prozent von der Kirche. Im März waren es 45 Prozent.

Das Ausmaß des Vertrauensverlusts wird auch dadurch verdeutlicht, dass laut der Studie die Kirche in Wahrheit weit weniger schlimm ist als ihr Ruf. Das Mediendauerfeuer hat zu einer verzerrten Wahrnehmung geführt. Die umfangreiche Berichterstattung über Skandale erweckte laut Allensbach den Eindruck, dass Missbrauch ein in der Kirche weit verbreitetes Phänomen sei. "Obwohl die Fälle eine kleine Minderheit der Priester betreffen und überwiegend Jahrzehnte zurückliegen, halten 47 Prozent der gesamten Bevölkerung Kindesmissbrauch durch katholische Priester für häufig." Zugleich sei das Vertrauen zu den Priestern in der eigenen Gemeinde "völlig ungetrübt". Dass Benedikt XVI. "wiederholt und durchaus entschieden Stellung genommen hat, haben lediglich zwölf Prozent der Bevölkerung und auch nur gut jeder fünfte Katholik bewusst wahrgenommen", so Köcher.

Aus dem Missbrauchsskandal hat die Kirche bereits die Lehre gezogen: Die Institution zu schützen und alles Belastende zu vertuschen, ist ein Irrweg. Doch die Debatte geht darüber hinaus. Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck warb am Mittwoch für ein neues Erscheinungsbild. Die Kirche sei Teil der offenen Gesellschaft und müsse an Debatten besser teilhaben, sagte er im KNA-Interview. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode sieht neue Argumente für ein Diakonat der Frau und will einer Debatte um den Zölibat nicht ausweichen. Auch katholische Laien und Verbände melden sich verstärkt zu Wort: Caritas-Präsident Peter Neher fordert einen Dialog "ohne Denkverbote" zur kirchlichen Sexualmoral, Kriterien für den priesterlichen Dienst, den Umgang mit Macht und zur Rolle der Frau.

Eine besondere Rolle könnte dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zukommen: Dessen Präsident Alois Glück mahnte, "zumindest annähernd" müsse wieder eine kirchliche Gesprächskultur wie in den 1970er Jahren entstehen. Ob es zu einer solchen Entwicklung kommen kann, könnte sich schon am Freitag zeigen. Dann trifft sich in Bonn die Gemeinsame Konferenz von ZdK und Bischofskonferenz. Nach den Worten Glücks könnte dieses Gremium ein Forum für einen Aufbruch aus der Krise sein.