Ein Jahr nach der umstrittenen Wahl im Iran

"Die Grüne Bewegung lebt"

Ein Jahr nach umstrittenen Präsidentenwahl im Iran sieht Grünen-Politiker Omid Nouripour das Regime "im Ausnahmezustand". Wie Amnesty international und EU-Parlamentarierin Barbara Lochbihler gegenüber domradio.de bezeichnet er die Lage der Menschenrechte in seiner alten Heimat als alarmierend: Folter und Missbrauch sind immer noch an der Tagesordnung.

 (DR)

Seit den Protesten vom Juni 2009 befänden sich hunderte politische Gefangene in Teheraner Gefängnissen und hätten vielfach keinen Kontakt zu Familien oder Anwälten, sagt die Menschenrechtsorganisation. Es gebe Folter, Misshandlungen und Vergewaltigungen. medizinische Versorgung erfolge gar nicht oder nur unzureichend.

Laut ai wurden seit der umstrittenen iranischen Präsidentschaftswahl vom 12. Mai 2009 mindestens 5.000 Menschen festgenommen. Es gebe massive Einschränkungen der Meinungs-, Versammlungs-, und Vereinigungsfreiheit sowie weiterhin willkürliche Verhaftungen, ungesetzliche Tötungen. Gewalt, Folter und Todesstrafe seien «Alltag im Iran».

Nouripour: Mehr Einsatz für Menschenrechte
Noruipour erwartet auch am Jahrestag Widerstand. Im Interview mit der "Deutschen Welle" sagte er, die Grüne Bewegung im Iran sei nicht eingeschlafen. Allerdings seien die Proteste abgeebbt. Die Menschen wollten sich nicht weiterhin "auf der Straße verprügeln" lassen.

Präsident Ahmadinedschad und seine Regierung befänden sich allerdings im "Ausnahmezustand". Das Regime investiere kein Geld mehr in die Bekämpfung von Armut und Arbeitslosigkeit, "und auch nicht mal mehr in die Infrastruktur des Erdöls, die Halsschlagader der Ökonomie im Iran".

"Sie brauchen das ganze Geld für Sicherheitskräfte, die das Land ruhig halten." Am Samstag (12.06.2010) würden zwei Millionen Sicherheitskräfte aus dem ganzen Land nach Teheran kommen, um mögliche Demonstrationen zu verhindern. Der Bundestagsabgeordnete fordert mehr Einsatz der Internationalen Gemeinschaft für die Menschenrechte im Iran.

Shirin Ebadi beklagt Engagement westlicher Konzerne
Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi hatte jüngst westliche Konzerne wegen des Handels mit der iranischen Regierung scharf angegriffen. Es sei ein Skandal, dass etwa Siemens-Nokia der Teheraner Führung Abhörtechnik geliefert habe, die zur Handyüberwachung bei Regimegegnern eingesetzt werde. Damit trage das Unternehmen eine Mitschuld an schweren Menschenrechtsverletzungen, weil viele Anhänger der Demokratiebewegung aufgrund von abgehörten Telefonaten und SMS ins Räderwerk der Geheimpolizei geraten seien.

Die Repressionen gegen Regimekritiker im Iran nehmen nach den Worten Ebadis ständig zu. Erst in der vergangenen Woche seien wieder fünf politische Gefangene hingerichtet worden. Trotz Protesten habe die Justiz in Teheran weitere Exekutionen angekündigt. Ebadi wies die Annahme zurück, es handele sich bei der Demokratiebewegung vor allem um junge Vertreter aus der gebildeten Mittelschicht. Zahlreiche Streiks von Arbeitern zeigen nach ihrer Darstellung, dass die Unzufriedenheit mit der Regierung alle Schichten ergriffen hat. Die Ziele der Regimegegner reichten von freien Wahlen bis zum Sturz des Systems. Die 62-Jährige, lebt seit den Protesten nach den gefälschten Präsidentschaftswahlen im Juni 2009 nicht mehr im Iran.

Michael Borgers
(dr, epd, kna)