Liberal-islamischer Bund will für Mehrheit der Muslime sprechen

"Eine für Vernunft offene Gläubigkeit"

Der neu gegründete Liberal-islamische Bund sieht sich als Repräsentant muslimischer Bürger und in der Verantwortung, die mehrheitlich liberalen Positionen des in Europa vorherrschenden Islamverständnisses zu vertreten. Gründungsmitglied Rabea Müller über die Intentionen des Vereins.

 (DR)

domradio: Ihr Verein nennt sich Liberal-islamischer Bund, was genau bedeutet den liberal-islamisch?

Müller: Also liberal-islamisch bedeutet für uns, auch entsprechend unserer Satzung, dass es eine für Vernunft offene Gläubigkeit gibt, die auch andere Positionen mit Respekt und Wertschätzung begegnet, die Widersprüche aushalten kann. Liberal-islamisch bedeutet nicht, beliebig sein, aber das Recht auf körperliche Unversehrtheit vorauszusetzen, Absolutheitsansprüche zu reflektieren und zu überprüfen und eventuell sogar darauf zu verzichten.

domradio: Ist es das, was den Liberal-islamischer Bund so anders macht? Denn es gibt ja schon ziemlich viele Islamverbände.  

Müller: Ja natürlich, aber ich denke, auch die haben ihre Berechtigung, den Muslime sind  ja keine homogene Masse. Muslime haben ganz verschiedene Perspektiven, und ich denke, dass wir nun endlich auch die Perspektive vertreten, die sich ansonsten in noch keinem der anderen Verbände widerspiegelt.

domradio: Kann man die Gründung des Vereins auch als eine innere-islamische Protestbewegung verstehen?

Müller: Nein, das würde ich als zu viel des Guten betrachten. Ich denke, dass es eine Ergänzung ist. Wir verstehen uns auch nicht als Kontroverse zu  den anderen, obwohl wir natürlich kontroverse Meinungen vertreten. Aber wir sind schon der Auffassung, dass es an der Zeit ist, einen innerislamischen Diskurs anzustoßen. Und wir sind natürlich jederzeit bereit, mit den anderen diese Diskussion zu führen und bestimmte Dinge auch miteinander ins Gespräch zu bringen. Aber es ist eben wichtig, dass das nicht immer von einer Seite ausgeht sondern dass es auch kontroverse Positionen gibt.

domradio: Viele glauben daran, dass ihr Verein den Integrationsprozess fördern kann.

Müller: Das hat sehr viel damit zu tun, dass die Gründungsmitglieder, aber bald auch hoffentlich alle anderen Mitglieder, sich hier in Deutschland beheimatet fühlen, das wir uns nicht an irgendeine ausländische Regierung gebunden fühlen. Sondern uns eben wirklich bemühen, uns hier uns zu etablieren. Wir denken, das wir uns gar nicht mehr integrieren müssen, wir fühlen uns schon integriert.

domradio: Sie haben damit ja schon ihr Hauptziel benannt,  was wollen sie denn darüber hinaus noch erreichen?

Müller: Unser Anliegen ist durchaus die Pflege von Religion und religiösen Belangen im Sinne von allen Mitglieder zu haben. Natürlich die Repräsentation der Stimme liberaler Muslime, aber uns auch als Ansprechpartner für theologische, gesellschaftliche aber auch politische Fragen anzubieten. Und was uns ganz ganz wichtig ist, ist die Durchführung einer diskursiven Theologie. Aber auch: einen  wissenschaftlichen Diskurs zu fördern. Und die Förderung von Geschlechtergerechtigkeit und zwar sowohl im  pädagogischen, als auch im theologischen Sinne.

domradio: Wie kann der Verein konkret im Christlich-Islamischen-Dialog helfen?

Müller: Ich glaube, dass wir schon auf dem besten Wege sind, weil viele unserer Gründungsmitglieder bereits im christlich-islamischen Dialog, aber durchaus auch im islamisch-jüdischen Dialog engagiert sind. Ihr denke, dass wir das weiter ausbauen können. Wir wollen den Nicht-Muslimen eine weitere Fassette islamischen Denkens bieten.