Sympathien für Gauck als Bundespräsident auch in der Koalition

Wulffs Wahl noch nicht sicher

Die Wahl zum Bundespräsidenten ist für den niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff keine sichere Sache. In der ostdeutschen FDP gibt es Vorbehalte gegen Wulff. Der CDU-Politiker selbst räumte ein, dass die Wahl am 30. Juni noch nicht gelaufen sei. Der Kandidat von SPD und Grünen, Joachim Gauck, präsentierte sich am Wochenende derweil in zahlreichen Interviews als überparteilicher Kandidat.

 (DR)

In der Bundesversammlung haben Union und FDP eine komfortable Mehrheit. Wulff betonte am Wochenende: «Es kommt auf die Geschlossenheit von CDU, CSU und FDP an. Sicher bin ich mir erst, wenn die Mehrheit verkündet ist.»

Sachsens FDP-Chef Holger Zastrow machte klar, es gebe «keinen Blankoscheck» für Wulff. Er persönlich habe große Sympathien für Gauck. Die FDP in Sachsen wird erst nach Gesprächen mit Bürgermeistern und Kreisvorsitzenden entscheiden, wie sie in der Bundesversammlung abstimmt. Auch der Fraktionschef der FDP im Landtag von Sachsen-Anhalt, Veit Wolpert, betonte, man werde «in der Fraktion darüber zu sprechen haben, ob wir trotz Bedenken mit Herrn Wulff leben können». Nach einem Bericht der Zeitung «Die Welt» äußerten die FDP-Landeschefs Jürgen Koppelin (Schleswig-Holstein) und Uwe Barth (Thüringen) intern Unmut das Eilverfahren, mit dem Wulff nominiert worden sei. Und die 2002 aus der FDP ausgetretene frühere Präsidentschaftskandidatin Hildegard Hamm-Brücher nannte Wulffs Gegenkandidaten Gauck eine »hervorragende Idee«.

Özdemir: "Folgt Eurem Herzen"
SPD und Grüne warben für ihren Kandidaten. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier ist sich «sicher, dass es viele in der Union und auch der FDP gibt, die in der Wahlkabine mit sich zu kämpfen haben werden.» Gauck lasse sich zudem nicht eindeutig einem politischen Lager zuordnen. Grünen-Parteichef Cem Özdemir appellierte an die «Kollegen» von CDU, FDP und auch der Linken: «Folgt Eurem Herzen, nicht der Parteidisziplin, folgt nicht dem Kanzleramt, sondern dem, was für unser Land gut ist, und das ist Joachim Gauck.»

Führende Unions-Politiker sehen derweil die Wahl von Wulff zum Staatsoberhaupt nicht gefährdet. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte, er zweifle bei allem Respekt für Gauck nicht daran, dass CDU, CSU und FDP in der Bundesversammlung geschlossen für Wulff stimmen. CSU-Chef Horst Seehofer bezeichnete Wulff als den «richtigen und den besseren» Kandidaten. Auch Mecklenburg-Vorpommerns CDU-Landeschef Lorenz Caffier hält Stimmen für Gauck aus der CDU und der FDP im Osten für unwahrscheinlich. Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hält es gar für möglich, dass Wulff Stimmen über die schwarz-gelbe Mehrheit hinaus bekommt. Wulff betonte, er wolle «breit wählbar» sein, wolle Menschen zusammenführen, Brücken bauen und Gegensätze überwinden. Er wolle etwas für den Zusammenhalt der Gesellschaft tun. Er wolle Mut und Optimismus verbreiten.

Gauck: "Besinnung auf den Mut des Jahres 1989"
Gauck sagte, auch Wulff wäre «selbstverständlich» ein guter Bundespräsident. Er selbst hätte auch für die Kandidatur «begeistert» zugesagt, wenn ihn die Kanzlerin gefragt hätte. Gauck empfahl den Deutschen eine Besinnung auf den Mut des Jahres 1989, um Krisensituationen zu meistern. »Es geht in dem Amt, für das ich kandidiere, darum, Mut zu machen und zu versöhnen. Deshalb ist es gut, wenn der Bundespräsident mitten aus dem Volk kommt. So wichtig Parteien sind, dieses Amt sollte keine Beute von Parteien sein«, mahnte Gauck. Der frühere Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde bezeichnete sich zugleich als »Liebhaber der Freiheit«, einen Begriff, den auch die FDP immer wieder hochhält.

Unterdessen zeigen Äußerungen von Wulff, dass nach dem Rücktritt von Horst Köhler die Kandidatur schon früh auf ihn zulief. Er habe sich am Dienstagabend «umfassend» mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unterhalten und dann um Bedenkzeit gebeten. Zu dem Zeitpunkt war vielfach Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) als Favoritin für das höchste Staatsamt genannt worden. Am Donnerstagnachmittag habe Merkel ihn informiert, dass sich die Parteichefs von CDU, CSU und FDP auf ihn geeinigt hätten.