Taliban verüben Terroranschlag auf Friedensversammlung in Kabul

Explosiver Auftakt

Radikal-islamische Taliban haben am Mittwoch einen Anschlag auf die streng bewachte Friedenskonferenz in Afghanistan verübt. Während der offiziellen Eröffung der Versammlung durch Präsident Hamid Karsai schlugen mehrfach Raketen auf und neben dem Tagungsgelände ein.

 (DR)

Vor dem Gelände kam es zu Feuergefechten zwischen der afghanischen Polizei und Aufständischen. Vor dem Zelt, in dem die rund 1.600 Delegierten der Stammesversammlung (Dschirga) tagen, sprengte sich ein Selbstmordattentäter in die Luft. Zwei weitere Angreifer sollen festgenommen worden sein. Die dreitägige Dschirga soll Wege zur Aussöhnung mit den Taliban aufzeigen. Karsai verließ nach seiner Rede die Versammlung, die aber trotz des Anschlags fortgesetzt wurde.

Ob es weitere Tote oder Verletzte gab, wurde zunächst nicht bekannt. Ziel der Dschirga ist es, nach neun Jahren Krieg am Hindukusch dauerhaft Frieden zu schaffen. Ihre Beschlüsse sind nicht bindend. Die Delegierten wählten Ex-Präsident Burhanuddin Rabbani zum Vorsitzenden. Die Aufständischen waren offiziell nicht eingeladen. Die Taliban lehnen die Versammlung ab.

Präsident Karsai rief die Teilnehmer auf, «der afghanischen Nation einen Weg zu weisen, Frieden zu schaffen, und Afghanistan von diesem Leid und Schmerz zu befreien». Die Taliban forderte Karsai auf, der Gewalt abzuschwören und sich von ausländischen Terrororganisationen zu distanzieren. Die Taliban bekannten sich später zu dem Angriff auf die Dschirga. Sie hatten zuvor allen Teilnehmern mit dem Tode gedroht.

Die Dschirga war bereits zweimal verschoben worden. An der Versammlung nehmen auch eine Reihe westlicher Beobachter statt. Die Sicherheitsvorkehrungen in Kabul waren kurz vor Beginn weiter verschärft worden. Um die 12.000 Sicherheitskräfte bewachen den Versammlungsort.

Karsai hatte lokale Würdenträger, Stammesälteste und Geistliche aus dem ganzen Land nach Kabul geladen, die die ethnische und religiöse Vielfalt widerspiegeln sollen. Kritiker behaupten indes, dass nur Freunde der Regierung eingeladen worden seien. Karsais politischer Widersacher, Oppositionsfüher Abdullah Abdullah, boykottiert das Treffen. Der frühere Außenminister nannte die Dschirga eine reine «Werbeveranstaltung».

Die Taliban verweigern bislang Friedensgespräche, solange sich noch ausländische Truppen auf afghanischem Boden befinden. Lediglich die lose mit ihnen verbundene Gruppe Hesb-i-Islami unter Milizen-Chef Gulbuddin Hekmatyar ist zum Dialog bereit. Die USA wollen 2011 mit dem Abzug ihrer Truppen beginnen.

Die Idee der Friedens-Dschirga geht auf die Afghanistan-Konferenz in London im Januar zurück, wo Afghanistans Präsident Karsai erstmals ein Amnestie- und Wiedereingliederungsprogramm für friedensbereite Taliban präsentierte.