Die ehemalige ZdK-Vizepräsidentin Schavan ist Teil der Köhler-Nachfolgedebatte

Kandidatenraten in Singapur

Eigentlich ist Annette Schavan in Sachen Wissenschaft in Asien unterwegs. Da bricht die Botschaft vom Rücktritt Horst Köhlers über sie herein - mitsamt der Nachfolgedebatte. Die ehemalige ZdK-Vizepräsidentin wird als mögliche Kandidatin für das Amt gehandelt. Angenehm ist ihr das nicht.

Autor/in:
Christiane Jacke
 (DR)

Einen Tag nach Köhlers Abgang steht sie nun in einem Forschungsinstitut in Singapur und muss sich von mitreisenden Journalisten bohrende Fragen gefallen lassen. Schavans Manöver in der misslichen Lage: ausweichen und bedeckt halten.

Die Nachricht von Horst Köhlers Rückzug kam für Schavan ebenso überraschend wie für den Rest der Republik - nur erreichte sie die Botschaft am anderen Ende der Welt. Die Ministerin war am Montagabend (Ortszeit) in Singapur beim Barbecue im Garten des Botschafters, als die Meldung einlief. Während die Empfangsgesellschaft - vor allem Wissenschaftler aus Deutschland und Singapur - am Rotwein nippten und über die Forschungskooperation debattierten, stand Schavan fassungslos neben dem Grill, schüttelte den Kopf und suchte nach Worten. "Ich kann es kaum glauben", brachte sie als erstes hervor. Dann viel Lob für Köhlers Arbeit. Und zum Schluss ärgerte sie sich, dass sie ihr Handy im Hotel liegen gelassen hatte - ausgerechnet an so einem Tag.

Schäuble? Rüttgers? Lammert? Oder eine Frau?
Später am Abend im Hotel plauderte Schavan bestens gelaunt bei Weißwein mit ihrer Delegation von Wissenschaftlern und Uni-Präsidenten. Um Mitternacht (Ortszeit) eilte sie davon zur Telefonkonferenz mit der CDU-Spitze. Und während Schavan mit ihren Parteikollegen über die Köhler-Nachfolge beriet, ging in ihrer Delegation das Kandidatenraten los. Schäuble? Rüttgers? Lammert? Oder eine Frau? Margot Käßmann - wie von der SPD vorgeschlagen? Oder eben die Hauptperson der Reise - Annette Schavan? Diese und jede Menge andere Namen kursieren auch in Berlin.

Schavan war schon 2004 im Rennen für das Präsidentenamt. Die CDU-Vizevorsitzende gehörte zu den möglichen Kandidaten von Union und FDP - neben Köhler. Die Personalfrage wurde damals begleitet von einer abwegigen Schubladenkampagne - der "Sparkassenchef" gegen die "kinderlose Singlefrau". Auch unschöne Gerüchte um Schavans Privatleben wurden lanciert. Am Ende machte Köhler das Rennen.

Nun also eine zweiter Anlauf?
Schavan mag sich an Spekulationen über einen zweiten Anlauf nicht beteiligen. Auf ihrer Reise bekomme sie "gar nichts mit von Namen, die gehandelt werden", sagt sie. Nun ja. Ohnehin gebiete es der Respekt vor dem Amt, nun nicht öffentlich über mögliche Kandidaten zu spekulieren und zu Namen Stellung zu nehmen, schiebt sie nach. Dann lächelt sie kurz und wischt sich symbolisch den Schweiß von der Stirn. Erfolgreich umschifft.

Beruhigendes aus der CDU-Schaltkonferenz liefert Schavan gleich mit. "Sehr entschlossen" sei die Atmosphäre im Präsidium gewesen. Köhlers Rücktritt führe zu "Verunsicherung". Wichtig sei daher, in den kommenden vier Wochen "klare Signale" zu setzen - zur Nachfolge ebenso wie zu den anstehenden Themen, Haushalt zum Beispiel. Die Zeit zur Regelung der Nachfolge sei mit 30 Tagen "vergleichsweise kurz", sagt Schavan. Noch dazu stehe Deutschland vor vielen wichtigen nationalen und internationalen Diskussionen und Entscheidungen. "Das muss nun gut miteinander verbunden werden." Dann eilt sie weiter zum nächsten Termin. Fast scheint sie erleichtert, gerade nicht in Berlin zu sein. Ein paar zusätzliche Fragen zum Nachbohren wären ihr dort sicher.