Nach der Flut ruft die Caritas in Polen zur Hilfe für die Opfer auf

"Der Papst hat schon 50.000 Euro gespendet!"

Die Flutwelle aus Polen erreicht Brandenburg früher als bislang angenommen, der Katastrophenstab des Landes hat seine Arbeit aufgenommen. Für Polen naht derweil das Ende der schlimmsten Tage. Allerdings zeigten sich nun die Folgen, man brauche Hilfe, so Arnold Drechsler, Caritasdirektor der betroffenen Diözese Oppeln. Gegenüber domradio.de spricht er über sein Vertrauen in die internationale Solidarität.

 (DR)

domradio.de: Wie ist bei Ihnen in der Diozöse Oppeln momentan die Lage?
Drechsler: Die Diözese Oppeln gehört leider wieder zu den Unglücksregionen in Polen. Das Hochwasser ist langsam vorbei. Aber jetzt zeigen sich die Schäden. Viele Menschen sind von den Ereignissen traumatisiert. Aber viele sind auch einfach nur tapfer. Wir haben solche bitteren Erfahrungen alle zehn Jahre und damit quasi schon im Blut. Die Schlesier sind tapfer - Hilfe würde sie dennoch auch beruhigen, sie haben ihr Hab und Gut verloren. Die Kirche mit dem Bischof an der Spitze war Gott sei Dank sofort vor Ort.

domradio.de: 1997 war das letzte große Hochwasser, das vielen Menschen die Existenz geraubt hat. Auch Oppeln war damals betroffen. Ist das jetzt schlicht wieder eine Naturkatastrophe - oder trägt der Mensch auch Schuld?
Drechsler: Leider muss man sagen: Die Regierenden haben ihre Aufgabe nicht erfüllt. Man kann sogar von Versagen sprechen. 13 Jahre nach 1997 sind die Dämme noch immer brüchig, die Deiche sind sanierungsbedürftig, für die Flüsse wurden keine Rückhaltmöglichkeiten geschaffen. Auf der anderen Seite hat das Versagen des Staats große Solidarität geweckt. Mit dem Bischof bin ich selber im Boot durch die überfluteten Gebiete gefahren. Die Caritas hat sofort mit der Verteilung von Hilfsgütern begonnen. Jetzt beginnt die langfristige Phase - und da brauchen wir Unterstützung.

domradio.de: Die Menschen rücken zusammen, aber von der Regierung fühlen Sie sich alleine gelassen?
Drechsler: Das kann man sagen. Aber die Hilfe kommt. Zum Beispiel hat Papst Benedikt XVI. der Caritas in Polen 50.000 Euro gespendet. Das ist ein gutes Zeichen! 2002 bei der Elbeflut haben wir den betroffenen Diözesen in Deutschland jeweils denselben Betrag überwiesen. So ist das Leben - ein ständiges Geben und Nehmen.

Das Gespräch führte Ina Rottscheidt.

Hintergrund
Für Polen naht das Ende der schlimmsten Tage: Das Hochwasser der Weichsel erreichte am Mittwoch nach tagelangen verheerenden Überschwemmungen die Mündung. Der Scheitel fließe in die Ostsee ein, berichtete der polnische Rundfunk unter Berufung auf den Krisenstab. In Tczew, der letzten größeren Stadt vor der Mündung, ist der Pegelstand seit der Nacht um zehn Zentimeter zurückgegangen, wie der Fernsehsender TVN24 berichtete. Die Deiche konnten den Wassermassen bisher standhalten.

Entlang der Oder bewegte sich der Hochwasserscheitel durch den Verwaltungsbezirk Lubuskie auf die deutsche Grenze zu. Die Mündung soll einer Prognose des Hydrometeorologischen Instituts in Warschau zufolge am 3. Juni erreicht werden. Die Zahl der Todesopfer stieg derweil auf 16 an: In Pulawy fiel ein 13-jähriges Mädchen von einer Brücke in die Weichsel und ertrank.

Polens Regierung beschloss ein Hilfsprogramm für die Flutopfer. Dafür gibt es zwei Milliarden Zloty (500 Millionen Euro). Menschen, die ihre Häuser verloren haben, können Unterstützung zwischen 20 000 und 100 000 Zloty in Anspruch nehmen.