Die kleinen Tische des Runden Tischs zu Sexuellem Missbrauch

Strafverfahren und Opferschutz

Rund einen Monat nach dem Start des Runden Tischs "Sexueller Missbrauch" der Bundesregierung kommen nun auch die drei Arbeitsgruppen erstmals zusammen, die konkrete Sacharbeit beginnt. Den Auftakt macht ab heute das Bundesjustizministerium. Die Frage nach Entschädigungszahlungen wird hier eine zentrale Rolle spielen.

Autor/in:
Christoph Strack
 (DR)

Sie soll sich nach Angaben eines BMJ-Sprechers in den kommenden Monaten mit der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs, mit rechtspolitischen Folgen und der "Anerkennung des Leids der Opfer" befassen. Am Dienstag steht dann im Familienministerium mit Kristina Schröder (CDU) der Auftakt der Arbeitsgruppe "Prävention und Intervention" an, die zunächst die Entwicklung von Standards in Einrichtungen in den Blick nimmt.

In zweieinhalb Wochen, am 7. Juni, kommt als dritte Runde die Arbeitsgruppe des Forschungsministeriums mit Staatssekretärin Cornelia Quennet-Thielen zusammen. Sie soll sich schwerpunktmäßig mit der wissenschaftlichen Forschung zu Pädophilie und Therapiemöglichkeiten sowie der Aus- und Fortbildung von Lehrern und auch Hausärzten befassen.

Damit zieht der Runde Tisch seine Kreise. Am 23. April saßen etwa 60 Experten und Repräsentanten gesellschaftlicher Gruppen im großen Kreis zusammen. Da kam kaum jeder einmal zu Wort. Nun wird allein Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) gut 40 Fachleute begrüßen - Opfervertreter, Sprecher aus Justizberufen und der Jugendarbeit, aus Kirchen, Sport und dem Kinderschutz, Bundestagsabgeordnete und Wissenschaftler. Ähnlich groß werden die weiteren Runden sein.

Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs
Zum Auftakt steht im BMJ die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs auf der Tagesordnung. Programmpunkte sind dabei die Stellung des Opfers im Strafverfahren, die Frage einer gesetzlichen Verpflichtung zur Einschaltung von Ermittlern und Polizeibehörden im Verdachtsfall sowie die Anerkennung des Leids der Opfer "in jeglicher Hinsicht".

Dass Leutheusser-Schnarrenberger für alle diese Themen bereits konkrete Erwartungen hat, machte sie in dieser Woche bei einem Auftritt bei der Peter-Maffay-Stiftung in Berlin deutlich. So mahtne sie mehr Einfühlungsvermögen der Staatsanwaltschaft an, um einen "noch besseren" Schutz der Kinder in Ermittlungsverfahren zu erreichen. Zu vermuten ist damit, dass man sich in ihrem Hause im internationalen Vergleich auch mit dem sogenannten schwedischen Modell befasst. Dieses Konzept hat zum Ziel, dem betroffenen Kind möglichst jede unnötige Aussage zu ersparen.

"Frage einer gewissen finanziellen Anerkennung"
Die Liberale drängte erneut auf die Anzeige jeden Verdachts auf sexuellen Missbrauch bei der Staatsanwaltschaft. Bislang besteht dazu keine gesetzliche Verpflichtung. "Keine Institution hat das Recht, sich an die Stelle der Judikative zu setzen", meinte sie. Und die Ministerin mahnte "Institutionen" - womit angesichts der bisherigen Frontstellung sicher in erster Linie die katholische Kirche gemeint war -, auch bei lange zurückliegenden und nun publik werdenden Missbrauchsfällen konkret finanziell "etwas zu leisten". Sie stünden in der Verantwortung.

"Am Ende muss auch die Frage einer gewissen finanziellen Anerkennung stehen", sagte die Ministerin. Dass sich daran neben den betroffenen Institutionen auch der Staat beteiligen könne, betonte sie ausdrücklich.

Vermutlich werden die drei Arbeitsgruppen in diesem Jahr etwa vier Mal zusammenkommen. Das Plenum des Runden Tischs hat einen Termin und einen "Zwischenbericht" gegen Jahresende im Blick. Das heißt, dass auch die Arbeitsgruppen wohl 2011 weiterarbeiten werden.