Christen und Muslime suchen beim Kirchentag nach Gemeinsamkeiten

Auf Harmonie gestimmt

"Bekommen Muslime Recht?" Wenn es nach dem Ökumenischen Kirchentag ginge, wäre die Frage schnell beantwortet und kein Anlass für große Kontroversen. Die muslimischen Verbände sollten den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erhalten.

 (DR)

Der Trierer Jurist Gerhard Robbers fordert, an den Universitäten solle es Islamische Fakultäten geben, und in Rundfunkräten sollten Muslime als relevante gesellschaftliche Gruppe ebenfalls vertreten sein. Eine Voraussetzung dafür sei letztlich nur, dass die Muslime «das alles wollen», nämlich Teil der deutschen Öffentlichkeit zu werden. Einen Zwang zur «Verkirchlichung» dieser Religion dürfe es nicht geben, da sei die Religionsfreiheit vor.

Kein Widerspruch von Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU), der gerade mit der zweiten Runde der Deutschen Islamkonferenz beschäftigt ist: Eine Anerkennung der Verbände sei möglich, das «sollte man auch machen», allerdings sei dies Ländersache und werde sicher «noch ein bisschen dauern». Dies dürfe die Islamkonferenz nicht davon abhalten, sich jetzt vordringlich den praktischen Fragen zuzuwenden, wie etwa der islamische Religionsunterricht zu organisieren sei oder wie mit den in der Türkei ausgebildeten Imamen umgegangen werden solle.
«Bringschuld» der Islam-Verbände
Dass die Islam-Verbände bei alledem auch eine «Bringschuld» haben, betonte der muslimische Podiumsteilnehmer, der Osnabrücker Islamwissenschaftler und Religionspädagogen Bülent Ucar. Sie dürften nicht länger aus dem Ausland «ferngesteuert» werden - womit Ucar vor allem auf die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) anspielte. Es gehe darum, transparente Strukturen zu schaffen und Grundsätze und Konzepte klar zu formulieren. Bei den Strukturen, so der einst an einer katholischen Schule ausgebildete Ucar mit einem kleinen Seitenhieb auf die Katholiken, denke er dabei an die evangelischen Synoden als Vorbild.

Der interreligiöse Dialog ist auf dem Kirchentag ein wichtiges Thema. Ein Zentrum «Juden und Christen im Dialog» im Internationalen Congress Center auf dem Messegelände bietet rund 70 Veranstaltungen an, in der Philharmonie kommt das Zentrum «Muslime und Christen im Dialog» auf etwa halb so viele Programmpunkte. Hier geht es, wie in dem Forum über die rechtliche Verfassung der muslimischen Gemeinschaften in Deutschland, um Fragen der Integration, um die Problematik gemischt-religiöser Ehen und Familien, aber auch um ethische Fragen, Geschlechterrollen in den Religionsgemeinschaften und nicht zuletzt um den theologischen Dialog.

«Dialogbibelarbeit» am Morgen
Am Beginn jeden Tages steht eine «Dialogbibelarbeit» mit je einem christlichen und muslimischen Referenten. Am Donnerstag ging es beispielsweise um einen Text aus dem ersten Buch der Bibel, das Finale der Sintfluterzählung, das den Bundesschluss Gottes mit Noah und seinen Nachkommen enthält. Eine gute Grundlage für den interreligiösen Dialog, so die Frankfurter Islamwissenschaftlerin Ayse Basol-Gürdal. Schließlich stamme der Text doch aus einer Zeit lange bevor es das Christentum oder den Islam gab. Weder die einen noch die anderen könnten diesen Bund des einen Gottes, der für die ganze Menschheit gelte, für sich vereinnahmen. Auch der evangelische Landesbischof von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, schloß seine Betrachtung mit den Worten: «Unter Gottes Bund sind wir vereint - das ist das Entscheidende.»

Und wenn am Samstagabend der Worte genug gewechselt sind, steht in der Philharmonie und den anderen Sälen im Kulturzentrum am Gasteig die Musik auf dem Programm. In der «Musikalischen Nacht der Weltreligionen» wird es etwa jüdische Chormusik, hinduistische Gesänge und Tänze aus Bali, orthodoxe geistliche Chormusik, tibetische Gesänge, aber auch eine Beethoven-Symphonie geben. So soll, wie der Leiter des Kirchentags-Kulturprogramms, Sebastian Pflüger, erläutert, «an einem Abend das Übergreifende der Musik» erfahren werden können.