Streit über Sparvorschläge bei Bildung und Kinderbetreuung

Koch legt nach

Trotz heftiger Kritik hat der hessische Ministerpräsident Roland Koch seine umstrittenen Sparvorschläge bei Bildung, Forschung und Kinderbetreuung bekräftigt. Notwendig seien Einsparungen in "gewaltiger Größenordnung" nach dem "Rasenmäher-Prinzip". Aus Koalition, Opposition und Kirchen kam Widerspruch.

 (DR)

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende sagte dem Hamburger Nachrichtenmagazin «Spiegel», das Versprechen, ab 2015 rund 13 Milliarden Euro jährlich für Bildung auszugeben, müsse wegen der Wirtschaftskrise abgeschwächt werden. «So schwer es fällt, wir werden das Ziel für Bildung verschieben müssen.»

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wies die Forderung zurück. Forschung, Kinderbetreuung und Bildung seien Zukunftsthemen, die nicht zur Disposition stünden. «Das haben wir uns vorgenommen, das machen wir auch», sagte sie der «Süddeutschen Zeitung» (Samstagsausgabe). «Auch bei der Betreuung der Unter-Drei-Jährigen bleibt es.»

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) erteilte Kochs Forderungen eine klare Absage. Bildung, Familie und Forschung hätten für die bürgerliche Koalition in Berlin einen hohen Stellenwert, sagte der CSU-Vorsitzende der «Welt am Sonntag». Es ergebe keinen Sinn, wenn jetzt jeder mit einzelnen Vorschlägen in der Sparpolitik komme. Seehofer forderte vielmehr eine «Philosophie des Sparens».

Der Berliner evangelische Altbischof Wolfgang Huber warnte auf dem 2. Ökumenischen Kirchentag, eine Rücknahme der politischen Zusagen für die Bildung und den Ausbau der Kinderbetreuung wäre ein verheerender Schritt. «Wenn es einen gemeinsamen Willen gibt, dann gibt es auch Sparpotenziale», äußerte sich der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland am Samstag überzeugt.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) sagte dem Nachrichtenmagazin «Focus», die herausgehobene Position der Bildung sei nicht verhandelbar. Familienministerin Kristina Schröder (CDU) hatte es rundweg abgelehnt, den ab 2013 geltenden Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung für Kinder unter drei Jahren aufzugeben. Der Außenminister und FDP-Chef Guido Westerwelle bezeichnete Bildung, Forschung und Ausbildung als unantastbar für Einsparungen.

Die SPD nannte Kochs Sparvorschläge unerträglich. «Koch verspielt unsere Zukunft, wenn er bei Bildung den Rotstift ansetzt», warnte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann. Koch versuche sich mit drakonischen Sparvorschlägen als Nachfolger des gesundheitlich angeschlagenen Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) zu empfehlen.

Gegenüber dem «Spiegel» skizzierte Koch ein düsteres Szenario, wenn die weitere Verschuldung der öffentlichen Hand nicht gestoppt werde. Dabei verlangte er auch Kürzungen bei Beschäftigungsmaßnahmen für Arbeitslose, bei Steinkohlehilfen und Subventionen für den öffentlichen Personennahverkehr. «Die Dimension des Problems ist viel größer, als viele selbst in meiner Partei wahrhaben wollen», sagte Koch. «Wir leben in dramatischer Weise über unsere Verhältnisse.»

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union im Bundestag, Michael Kretschmer (CDU), macht den Ministerpräsidenten eine stärkere Unterstützung durch den Bund bei Bildung streitig. «Wenn die Länder ohnehin bei der Bildung sparen wollen, hat sich auch die Frage erübrigt, ob sie mehr Mehrwertsteuerpunkte vom Bund bekommen», sagte er dem «Focus».