Kardinal Meisner appelliert an Özkan, sich in die Tarsus-Debatte einzuschalten

"Wir Christen warten darauf"

Es ist ihm ein wirkliches Herzensanliegen: Die St.-Paulus-Kirche im türkischen Tarsus soll den Christen zur freien Benutzung gegeben werden. Der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner hat nun Aygül Özkan, türkisch-stämmige Ministerin in Niedersachen, aufgefordert, sich für die Rechte der Christen in der Türkei einzusetzen.

Joachim Kardinal Meisner: Schon mehrfach eine Kirche in Tarsus gefordert / © Alexander Foxius (DR)
Joachim Kardinal Meisner: Schon mehrfach eine Kirche in Tarsus gefordert / © Alexander Foxius ( DR )

«Die Ministerin könnte doch eigentlich gut ihre prominente Stellung nutzen, indem sie für die Christen in der Türkei eintritt, damit endlich die St.-Paulus-Kirche in Tarsus den Christen zur freien Benutzung gegeben wird», schreibt der Erzbischof in einem Gastbeitrag für den «Kölner Stadt-Anzeiger» (Donnerstag).

Der Kardinal kritisierte, die türkischen Behörden hätten vor einigen Tagen festgelegt, dass Gottesdienste in der Kirche zehn Tage im Voraus beantragt werden müssten. Zudem sei für jeden Teilnehmer ein Eintrittsgeld zu entrichten. «Was das noch mit Religionsfreiheit zu tun hat, ist eigentlich unbegreiflich», schreibt Meisner.

Staatliche Neutralität kein Laizismus
Im Einsatz für die Rechte der Christen sieht der Erzbischof ein sinnvolles Tätigkeitsfeld für die Ministerin, die mit ihrer ursprünglich erhobenen Forderung, Kreuze aus den Schulen zu entfernen, heftige Kritik bei Parteifreunden und Kirchen hervorgerufen hatte. «Staatliche Neutralität ist bei uns kein Laizismus, und Religionsfreiheit bedeutet nicht von oben verordnete Freiheit von Religion und ihren Zeichen», weist Meisner Özkans Vorstoß zurück, von dem sie sich nach Protesten auch selbst distanziert hat

Unterdessen begrüßten die evangelische und katholische Kirche, dass sich Özkan bei ihrem Amtseid am Dienstag ausdrücklich auf Gott bezogen habe. Der Präsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland, Hermann Barth, sagte der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Donnerstag): «Das, was gemeinsam ist, muss man sorgfältig pflegen.» Es sei notwendig, mit den Schnittmengen, die es zwischen Christen und Muslimen gebe, etwas Positives anzufangen.

Jaschke: "Wir glauben gemeinsam an den einen Gott"
Der katholische Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke sagte der Zeitung, er freue sich darüber, dass Özkan ihren Dienst als Ministerin mit dem Glauben an Gott bekräftigt habe. Dies sei auch ein Zeichen der Integration einer gläubigen Muslima in die deutsche Gesellschaft, sagte Jaschke. Er betonte, die Muslime dürften in Deutschland spüren, dass sie ihre religiöse Identität nicht aufgeben müssten, sondern sich in eine Gesellschaft mit christlicher Tradition einbringen dürften. Zu den Gottesvorstellungen im Islam und Christentum erklärte der Weihbischof: «Wir glauben gemeinsam an den einen Gott, haben aber unterschiedliche Sichten und Gewissheiten über Gott.»