Wolfgang Thierse fordert katholische Kirche zur Selbstkritik auf

"Das Bild von Mutter Kirche ist befleckt"

ZdK-Mitglied Wolfgang Thierse hat sich in den vergangenen Monaten immer wieder zur Lage der katholischen Kirche geäußert. Nun hat der der Bundestagsvizepräsident erneut deutliche Worte gefunden: zu Krise und Widersprüchen "einer Klerikerkirche".

 (DR)

Viele katholische Christen seien tief erschüttert und beschämt über das, was jetzt an Verfehlungen und Verbrechen in kirchlichen Einrichtungen sichtbar werde, schreibt Thierse in einem Gastbeitrag für die Tageszeitung "Die Welt" (Dienstagsausgabe). "Das Bild von Mutter Kirche ist befleckt, sie ist in einer dramatischen Krise", konstatiert der Sozialdemokrat und katholische Christ.

"Diese Erschütterung sollte die Kirche nicht zu schnell wieder beiseiteschieben. Ich wünsche mir sehr, dass meine Kirche für die Gesellschaft ein Beispiel gibt, wie man ehrlich, konsequent, nachdenklich mit einer solchen moralischen Katastrophe umgeht", schreibt der SPD-Politiker, der auch Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken ist.

"Den Widersprüchen einer Klerikerkirche stellen"
"Und wir müssen uns den nicht weiter zu ertragenden Widersprüchen einer Klerikerkirche stellen", schreibt Thierse weiter. Einerseits führe die "Papst-Kirche" seit Jahrzehnten einen "Abwehrkampf" gegen die Priesterweihe von Frauen, verfechte eine kaum lebbare Sexualmoral und lehne Empfängnisverhütung ab.

"Andererseits und zugleich deckt dieselbe Kirche jahrzehntelang sexuelle Gewalt, beschweigt und vertuscht Übergriffe von Priestern gegen Kinder, das Kostbarste, was wir haben", kritisiert der Sozialdemokrat. Zugleich umgebe die Kirche den Zölibat und die vielfachen Verstöße gegen ihn mit einem "unumstößlichen Tabu".