Israelis und Palästinenser laufen von Bethlehem nach Jerusalem

Symbolische Friedensbrücke

Seit Ausbruch der Intifada im Jahr 2000 ist jüdischen Israelis das Betreten dieser Gebiete eigentlich streng untersagt. Darum waren die israelischen Sportler beim jährlichen "Friedenslauf Johannes Paul II." von Bethlehem nach Jerusalem immer erst zur zweiten Etappe beim Checkpoint dazugestoßen - bisher.

Autor/in:
Gabi Fröhlich
 (DR)

Man sieht Ian Cohen die Erleichterung an, als er sich den Schweiß von der Stirn wischt. Der 50-jährige Cohen ist gut durchtrainiert, doch dieser Lauf war eine besondere Herausforderung für ihn: Mit vier israelischen Freunden ist er in einem Pulk von rund 500 Italienern und Palästinensern vom Bethlehemer Krippenplatz bis zum Checkpoint gelaufen - mitten durch palästinensisch kontrolliertes Gebiet.

Für die palästinensischen Teilnehmer war es zumeist möglich, eine Ausnahmegenehmigung für das israelisch verwaltete Jerusalem zu erhalten. "Aber bei uns Juden hat unser Militär einfach Angst, dass uns im Palästinensergebiet etwas passieren könnte", sagt Cohen.

Diesmal war alles anders
Diesmal, bei der siebten Auflage des in kirchlich-israelischer Kooperation veranstalteten Laufes, haben die jüdischen Teilnehmer eine Ausnahmegenehmigung für Bethlehem erhalten. So joggten die fünf israelischen Läufer am Sonntag hinter der Friedensfackel durch den Checkpoint. "Peace"-Rufe erklingen, als der Pulk die hohe Betonmauer passiert: "Frieden".

Am lautesten ruft Raphael Ben-Hur vom israelischen Tourismus-Ministerium, der die Fackel gemeinsam mit kirchlichen Würdenträgern auf den letzten Metern am offenen Schlagbaum vorbei trägt. Er fährt atemlos fort: "Das ist eine Sensation. Es beweist, dass Tourismus und Sport eine echte Friedensbrücke sind." Auch der Vizepräsident des vatikanischen Pilgerwerkes "Opera Romana Pellegrinaggi" (ORP), Liberio Andreatta, ist überzeugt: "Wo die Köpfe der Politiker nicht weiter kommen, schaffen es die Herzen und Beine der Pilger."

In "Johannes-Paul-II.-Spiele" umgetauft
Die ORP hat in den vergangenen Jahren immer mehr Teilnehmer für die Wallfahrt motivieren können, die nach Johannes Paul II. (1978-2005) als einem "großen Freund des Friedens, Sports und Heiligen Landes" benannt wurde. Dieses Jahr hat man noch Radfahren und Schwimmen im See Genezareth dazugenommen und das ganze Projekt in "Johannes-Paul-II.-Spiele" umgetauft.

Während der Friedenslauf-Pause beim Checkpoint findet ein Volleyball-Spiel zwischen Israelinnen, Palästinenserinnen und Italienerinnen statt. Dass die Italiener langbeinige Profi-Damen mitgebracht haben, die das Freundschaftsspiel haushoch gewinnen, ist nebensächlich: Die Atmosphäre ist entspannt, selbst die Soldaten beobachten das ungewohnte Treiben auf dem Militärgelände mit sichtlichem Vergnügen.

Auch Ian Cohen ist glücklich. "Ich habe die letzte Nacht nicht geschlafen", gesteht er. "Meine Frau war gar nicht einverstanden, dass ich das Risiko eingehe". Tatsächlich hatten sich nur fünf der insgesamt 20 israelisch-jüdischen Teilnehmer überhaupt bereiterklärt, schon beim Start in Bethlehem dabei zu sein. Aber dann seien sie dort so herzlich willkommen geheißen worden - "das war einfach toll". Während des Laufs wurde das israelische Grüppchen von Italienern und Palästinensern in die Mitte genommen - "wir haben uns ganz beschützt gefühlt".

"Wir sind einfach Sportler und Bürger, die sich Frieden wünschen"
Cohens Freund Miko Elijahu (55) war berührt, zum ersten Mal nach zehn Jahren wieder die Straßen von Bethlehem zu sehen. "Früher bin ich immer zur Weihnachtsmesse in die Geburtskirche gegangen, einfach zum Schauen - schade, dass es zu dieser hässlichen Sperrmauer kommen musste." Als Friedensaktivisten wollen die beiden nicht bezeichnet werden: "Wir sind einfach Sportler und Bürger, die sich Frieden wünschen."

Dass nicht alle diese Sehnsucht teilen, zeigen die Polizeihubschrauber, die über Jerusalem kreisen, als die Läufer sich zu ihrem Ziel nahe der Klagemauer aufmachen: Einige hundert Meter von dort entfernt sind gerade rechtsnationalistische Siedlergruppen bei einer Demonstration mit protestierenden Palästinensern aneinandergeraten. Beim Kampf um die "Stadt Davids". Der Kirchenmann Andreatta sieht sich dadurch nur im Engagement der Sportler bestätigt: "Umso wichtiger ist, dass wir auf friedliche Weise Breschen schlagen - und wenn sie noch so klein sind."