Erzbischof Zollitsch und Justizministerin betonen Einigkeit

Intensiv und konstruktiv

Zwei Monate nach dem Streit zwischen Bischofskonferenz und Justizministerin scheinen nun die Wogen geglättet. Nach einem rund eineinhalbstündigen Treffen in Berlin sprachen beide Seiten von einem "intensiven und konstruktiven Gedankenaustausch". Gemeinsames Ziel: Aufklärung der Missbrauchsfälle und Vermeidung neuer Taten.

Autor/in:
Christoph Scholz
 (DR)

Die katholische Kirche will bei der Aufklärung der Missbrauchsskandale eng mit staatlichen Stellen zusammenarbeiten. Das versicherte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), bei einem Gespräch am Donnerstag in Berlin.

Die Unterredung war vereinbart worden, nachdem es vor zwei Monaten zu einer scharfen Auseinandersetzung zwischen beiden Seiten über den Umgang der Kirche mit Missbrauchsfällen gekommen war.

Enge Kooperation
In einer gemeinsamen Stellungnahme betonten nun beide Seiten, man sei sich einig gewesen, «dass es das vorrangige Ziel der katholischen Kirche und der staatlichen Stellen ist, in enger Kooperation miteinander und mit den Betroffenen alles zu tun, um eine umfassende Aufklärung der vergangenen Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch in den kirchlichen Einrichtungen entschlossen voranzutreiben.» Im Mittelpunkt müssten die Opfer stehen. «Sie haben ein Recht auf eine ehrliche Aufklärung».

Zollitsch erläuterte die bereits ergriffenen Maßnahmen. Die Bistümer hätten eigene Ansprechpartner für Opfer benannt. Zugleich verwies er auf die bundesweite kostenfreie Telefon-Hotline. Zudem würden unabhängige Berater eingesetzt. Ferner verwies er auf die Klarstellungen des Vatikan zum Umgang mit Missbrauchsfällen. Dort werde besonders auf der strikten Einhaltung des staatlichen Rechts bei der Aufarbeitung bestanden. Die zuständigen Gremien der Bischofskonferenz arbeiteten zudem an einer Änderung der innerkirchlichen Leitlinien von 2002. Dabei solle deutlich zum Ausdruck kommen, dass Staatsanwaltschaften bei Verdachtsfällen frühzeitig eingebunden werden.

Neue Leitlinien
Leutheusser-Schnarrenberger begrüßte die Maßnahmen. Die neuen Leitlinien müssten deutlich machen, dass innerkirchliche Maßnahmen die Aufnahme und Durchführung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen weder verzögern noch behindern dürften. Staatliche Behörden seien bei Missbrauchsverdacht einzuschalten. Sie begrüßte die Erklärung der bayerischen Bischöfe zur Zusammenarbeit mit den staatlichen Stellen. Sie hatten eine Anzeigepflicht beschlossen. Zollitsch bekräftigte, dass dem Opferschutz eine besondere Bedeutung beigemessen werde.

Der vom Bundeskabinett eingesetzte Runde Tisch und die Berufung der ehemaligen Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) als unabhängige Beauftragte werden nach Auffassung beider Seiten einen «wertvollen Beitrag» zur Aufarbeitung und Prävention leisten. Leutheusser-Schnarrenberger betonte, dass der Einsatz unabhängiger Berater zur Überwindung der Hemmschwellen der Opfer, erlittenen Missbrauch mitzuteilen, hilfreich sei.

Taten verjähren, Leid nicht
Die Deutsche Bischofskonferenz erklärte, sie werde sich auch an der Unterarbeitsgruppe beteiligen, die sich unter dem Vorsitz der Justizministerin mit der rechtlichen Aufarbeitung befasst. Neben der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs werde eine der zentralen Fragen sein, wie das Leid der Opfer in den Fällen, die bereits verjährt sind, angemessen anerkannt werden könne.

An dem Gespräch nahmen neben Zollitsch der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für Missbrauchsfragen, Bischof Stephan Ackermann, sowie der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer, und der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Prälat Karl Jüsten, teil. Auf Seiten des Bundesjustizministeriums nahmen zudem die Staatssekretärin Birgit Grundmann und der Parlamentarische Staatssekretär Max Stadler teil (FDP).

Die Grünen forderten derweil eine unabhängige Untersuchungskommission, die die Missbrauchsfälle in Deutschland umfassend untersuchen solle. Dies könne nicht Sache des Runden Tisches sein, sagte Parteivorsitzende Claudia Roth. Der Rektor des Berliner Canisius-Kollegs, Klaus Mertes, sprach sich für die Stärkung von Opferschutz-Organisationen aus.