Ein Einsturz bei Neros "Goldenem Haus" weckt Alarmstimmung

Rom in Trümmern

In einer Verbindungsgalerie des Domus Aurea, eines Palastes von Kaiser Nero in Rom, ist die Decke eingestürzt. Für das Unglück, bei dem niemand verletzt wurde, werden die starken Regenfälle der vergangenen Monate verantwortlich gemacht. Jetzt kommt ein "Sonderplan zur Rettung des historischen Erbes".

Autor/in:
Burkhard Jürgens und Michelle Eickmeier
 (DR)

Über 1.900 Jahre haben die antiken Gewölbe gehalten. Dann, an einem römischen Frühlingsvormittag, gaben die Mauern mit dumpfen Grollen nach. Auf dem Areal des legendären «Goldenen Hauses» von Kaiser Nero, am Hang des Oppio-Hügels gegenüber dem Kolosseum, klafft nun ein Loch wie ein kleiner Bombenkrater. Ein Dutzend Meter Metallzaun, Rasen und Humus rutschten in den Orkus und verschütteten einen der verzweigten Gänge aus dem Altertum. Kein archäologisches Drama, versicherte eine Sprecherin der Antikenbehörde; die kaiserlichen Prachträume blieben unversehrt. Aber wie ernst die Lage um Roms Altertümer dennoch eingeschätzt wird, zeigt die Eile, mit der sich Bürgermeister Gianni Alemanno und Italiens Kulturminister Sandro Bondi an der Unglücksstelle einfanden.

Derartige Einstürze gibt es in Rom immer wieder, wenn der Winterregen die alten Mauern noch etwas mürber gemacht hat. Doch diesmal hat es ein Prestigeobjekt erwischt: Die heute von Erdreich bedeckte Luxusresidenz der «Domus Aurea», die Nero nach dem Brand Roms im Jahr 64 zwischen Palatin und Esquilin anlegen ließ, wurde 1999, nach zwei Jahrzehnten Ausgrabungen und Restaurierungen, zur archäologischen Attraktion - allerdings nur für knapp sechs Jahre.

Dann machten herabfallende Putzteile die Schließung von einem Tag auf den anderen notwendig. Erst 2007 durften Besucher wieder in die prunkvoll ausgemalten Räume, allerdings nur in Kleingruppen und mit Schutzhelm. Doch im vergangenen Juni kündigte die Stadt eine neuerliche Restaurierungsphase an. Geplante Öffnung: 2011. Doch davon spricht seit Dienstag niemand mehr.

Das Unglück ging noch glimpflich ab. In dem Park, der sich über der unterirdischen Anlage erstreckt, tummeln sich täglich Spaziergänger. Das eingebrochene Gewölbe aus der Zeit Kaiser Trajans (98-117) diente als Magazin für weniger bedeutende archäologische Funde; ab und zu hielten sich dort Wissenschaftler auf. Zur Sicherheit schickte die Feuerwehr eine Suchhundestaffel zum Krater. Von einem «nicht vorhersehbaren» Ereignis sprach der Einsatzleiter. «Zum Glück wurde niemand verletzt.»

Bürgermeister Alemanno hat nun eine archäologische Baustelle mehr. Insgesamt 70 größere Erhaltungsmaßnahmen stünden derzeit auf dem Plan, bei 25 davon hätten die Arbeiten bereits begonnen. 20 Millionen Euro seien praktisch ausgegeben, weitere 12 Millionen seien noch zu verteilen, rechnete Alemanno am Rand des Abbruchs den Journalisten vor. Unterdessen suche man nach weiteren öffentlichen und privaten Mitteln. Nach Ostern soll nach den Worten des Bürgermeisters eine Sponsorenkampagne für den Erhalt des Kolosseums starten; auch das mächtige Amphitheater leidet chronisch unter Wasserschäden und der Luftverschmutzung.

Auch die italienische Regierung sieht sich angesichts der maroden Altertümer in der Pflicht. Ein «Sonderplan zur Rettung des historischen Erbes» sei nötig, sagte Kulturminister Bondi ebenfalls beim Ortstermin. Für Giuseppe Proietti, Direktor der staatlichen Archäologiebehörde für Rom, ist das ein Hoffnungszeichen für kontinuierlichere Erhaltungsmaßnahmen. Dabei gibt es auch viel zu tun, wie er im «Messaggero» ausführte: Neben der «Domus Aurea» bieten nach seinen Worten die Ausgrabungen auf dem Palatin, die Aurelianischen Stadtmauern und die antiken Aquädukte Anlass zur Besorgnis; auf der Restaurierungsliste stehen auch die Mosaiken von Ostia, Teile der Diokletians-Thermen und die Caracallathermen.

Hinzu kommt, dass sich in Rom mehrere Ämter die Zuständigkeit für den Erhalt der Monumente teilen. Einige fallen unter staatliche Aufsicht, um andere kümmert sich die Kommune. Im Fall des Nero-Palastes sind die staatliche Archäologiebehörde, ein Archäologiekommissar für die Stadt Rom und ein Sonderbeauftragter für die «Domus Aurea» beteiligt. Laut Proietti sorgen die Strukturen jedoch für schnellere bürokratische Abläufe: So ließen sich Bauausschreibungen statt in zwei Monaten schon binnen 15 Tagen auf den Weg bringen. Doch auch das ist für sensible alte Mauern eine lange Zeit.