Priester wegen Missbrauchs entlassen - Bischöfe bitten um Vergebung

"Prozess der Reinigung"

Das Thema Missbrauch beschäftigt die Kirche weiterhin. Im zwei Bistümern wurden Priester vom Dienst suspendiert. Der Münsteraner Bischof Genn bat die Opfer erneut um Vergebung. Sein Hildesheimer Amtskollege Trelle warnt vor einer "Kultur des Verdachts".

Autor/in:
Michael Borgers
 (DR)

Zugleich sei in der Kirche eine "Kultur der Befangenheit" zu befürchten, sagte Bischof Norbert Trelle am Montag (29.03.2010) der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Dies wäre jedoch fatal, da die christliche Sozialisation mit der Jugendarbeit beginne. "Es ist kein Zufall, dass Jesus ein Kind in die Mitte seiner Verkündigung stellt", so der Bischof.

Von dem für den 23. April geplanten Runden Tisch mit der Bundesregierung erhoffe er eine Aufarbeitung der Geschehnisse, sagte Trelle weiter. Die Gesellschaft erweise sich keinen Dienst, wenn sie nur die katholische Kirche als Sündenbock ausmache. Das Problem des Kindesmissbrauchs und der Pädophilie reiche tiefer

Die Kirche erlebt nach Trelles Worten derzeit eine massive Vertrauenskrise. Doch müsse die Tatsache, dass die Opfer jetzt so offen über das Erlittene redeten, positiv gesehen werden. "Für uns ist jetzt die alte, biblische Forderung nach Umkehr das entscheidende Wort." Er habe in jüngster Zeit drei Pfarrer wegen sexuellen Missbrauchs von ihren Ämtern entpflichtet, erklärte der Bischof. Mancher Missbrauchsbericht über Priester, aber auch über Lehrer, mache ihn fassungslos, sagte Trelle.

Erzbistum Freiburg suspendiert Pfarrer
Das Erzbistum Freiburg hat derweil nach Vorwürfen wegen sexueller Übergriffe einen Priester mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert. Der Leiter der Seelsorgeeinheit Vorderes Kinzigtal bestreitet den Übergriff, zu dem es nach schriftlichen Angaben eines mutmaßlichen Opfers 1976 in Freiburg gekommen sein soll. Damals war der heute 67-Jährige als Pfarrer im Freiburger Münster tätig. Der Priester bleibe bis zur Klärung der Vorwürfe suspendiert, erklärte das Bistum.

Auch das Bistum Osnabrück zog nach einem Missbrauchsverdacht personelle Konsequenzen. Bischof Franz-Josef Bode entpflichtete einen Priester mit sofortiger Wirkung von seinen Ämtern. Der Geistliche aus dem südlichen Emsland hatte am Freitag in einem Gespräch mit dem Bischof ein Fehlverhalten eingeräumt, teilte das Bistum am Wochenende in Osnabrück mit. Das mutmaßliche Opfer hatte die belastenden Vorwürfe an die zuständige Kommission des Bistums gemeldet. Der Fall liege schon länger zurück. Am Wochenende wurden die Gemeinden, in denen der Priester tätig war, von der Bistumsleitung informiert. Zur strafrechtlichen Klärung habe sich der Beschuldigte der Staatsanwaltschaft gestellt.

Wegen Vorwürfen im Zusammenhang mit dem sexuellen Missbrauch eines Minderjährigen hat auch Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck einen 79-jährigen Priester beurlaubt. Das Bistum Essen leitete gegen den Geistlichen eine kirchenrechtliche Voruntersuchung ein, wie ein Sprecher am Montag mitteilte. Es gehe um einen Vorfall, der sich Anfang der 1970er Jahre zugetragen haben soll. Der gegen den Essener Priester erhobene Vorwurf habe bisher nicht ausgeräumt werden können. Das Bistum meldete nach eigenen Angaben den Tatvorwurf der Staatsanwaltschaft.

Bischof Genn bittet um Vergebung
Der Münsteraner Bischof Felix Genn hat die Opfer von sexuellem Missbrauch in der Kirche um Vergebung gebeten. "Von Herzen", so Genn am Montag im Dom von Münster. Das Leid der Opfer sei unsäglich, ihre Wunden tief. Auch die Kirche sei "durch diese schändlichen Vergehen schwer verletzt" worden.

Genn äußerte sich erschüttert über das "Ausmaß von Verwüstung in den Herzen und Seelen von jungen Menschen", besonders wenn es durch Priester und Ordensleute angerichtet worden sei. Sich dem zu stellen, sei ein höchst schmerzlicher, aber notwendiger Prozess der Reinigung. Zugleich erklärte er Solidarität zu zahlreichen "treuen Mitbrüdern", die redlich ihren Dienst versehen würden und sich jetzt einem Generalverdacht ausgesetzt sähen.

Bereits am Freitag hatten das Bistum und die Staatsanwaltschaft Münster eine enge Zusammenarbeit bei der Aufklärung von Fällen sexuellen Missbrauchs angekündigt. Das Bistum werde Missbrauchshinweise in kirchlichen Einrichtungen unverzüglich an die Staatsanwaltschaft weiterleiten, hieß es. Das gelte auch für Fälle, die möglicherweise verjährt seien.