Opposition kritisiert Beharren auf privilegierte Partnerschaft

Merkel in der Türkei

Anlässlich des Besuchs von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Türkei ist die Debatte über einen EU-Beitritt des Landes wieder neu entflammt. Die Kanzlerin selbst hatte am Freitag noch einmal klargestellt, dass sie unverändert eine privilegierte Partnerschaft der Vollmitgliedschaft vorziehe.

 (DR)

Neben der Frage eines möglichen Türkei-Beitritts will Merkel mit Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und Staatspräsident Abdullah Gül auch über den Nahost-Konflikt und den Atomstreit mit dem Iran beraten.

Seit den 60er Jahren bemüht sich die Türkei um einen Beitritt zur - damals noch - Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). 1963 wurde mit dem sogenannten Ankara-Abkommen eine Vorstufe zum Beitritt verabredet. 1999 erhielt die Türkei den Status eines offiziellen Beitrittskandidaten, 2005 starteten die Beitrittsverhandlungen. Union und FDP sprechen sich in ihrem Koalitionsvertrag für eine privilegierte Partnerschaft aus, «sollte die EU nicht aufnahmefähig oder die Türkei nicht in der Lage sein, alle mit einer Mitgliedschaft verbundenen Verpflichtungen voll und ganz einzuhalten».

Kritik der Grünen
Die Grünen kritisierten die Koalition für ihr Beharren auf einer privilegierten Partnerschaft. Grünen-Chefin Claudia Roth warf Merkel vor, sie folge mit ihrer Ablehnung eines Türkei-Beitritts Wahlkampfinteressen. Der Co-Vorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, wies darauf hin, dass man in der Türkei nicht nachvollziehen könne, warum es Deutschland früher, als in der Türkei noch systematisch gefoltert worden sei, nicht schnell genug gehen konnte mit dem Beitritt. Jetzt, wo die Türkei sich ändere, wolle man diesen plötzlich nicht mehr.

Lambsdorff stellte klar, dass die Türkei derzeit jedoch noch nicht beitrittsfähig sei. Es gebe bislang zu wenig Fortschritte bei den von der EU geforderten Reformen. «Die Türkei muss sich erheblich weiterentwickeln in Richtung europäische Werte», sagte er, warb jedoch dafür, diese Frage nicht im Rahmen solcher Besuche zu erörtern. Die Verhandlungen müssten weiterhin ergebnisoffen geführt werden. Man dürfe sich aber keinen Illusionen hingeben.

Polenz offen für Beitritt, wenn Bedingungen erfüllt werden
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), äußerte sich hingegen offen gegenüber einem möglichen Beitritt. «Es wäre besser, die Türkei in der Europäischen Union zu haben«, sagte der CDU-Politiker. Er fügte jedoch hinzu, die Türkei müsse dafür die Kriterien erfüllen, »nicht nur nach Buchstaben, sondern in Wort und Tat».

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) verwies auf die guten Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und der Türkei. Wirtschaftlich gehöre die Türkei bereits zu Europa, sagte DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann. «Die Wirtschaft braucht offene Märkte und tatsächlich ist die Türkei durch die Zollunion mit der EU wirtschaftlich schon weiter integriert, als allgemein wahrgenommen wird», sagte er. «Wichtig wären substanzielle Reiseerleichterungen für unsere türkischen Partner», fügte er hinzu.