Die Pro-Bewegung gibt sich einen bürgerlichen Anstrich und schürt Ängste vor dem Islam

Die netten Rechten von nebenan?

Wenn Markus Beisicht von seinem kleinen Podest redet, dann ist die Welt schnell erklärt. Auf der einen Seite die Bösen: Islamisten, Linke und die etablierten Parteien. Auf der anderen Seite die Verteidiger von Demokratie, Meinungsfreiheit und Rechtsstaat: Er und Kumpane.

Autor/in:
Henning Engelage
 (DR)

So sieht der Vorsitzende der rechtspopulistischen «Bürgerbewegung Pro NRW» seine Partei, wenn er vor Journalisten die «international besetzte Antiminarettkonferenz» am Samstag in Gelsenkirchen und den Sternmarsch auf die Duisburger Merkez-Moschee für Sonntag ankündigt. Der Verfassungsschutz und Rechtsextremismusforscher sehen das jedoch genau umgekehrt.

«Die 'Pro-Bewegung' entstammt dem Lager der extremen Rechten», sagt der Soziologe Alexander Häusler. Der Unterschied zu anderen, rechtsextremen Parteien sei dabei, dass sich die Partei durch ihr basisdemokratisches Mäntelchen ein bürgerliches Antlitz zuzulegen versuche. Und genau darin liegt laut Häusler die Gefahr: «Das ist die perfide Machart der Tarnung als Bürgerbewegung.»

Auch für NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) ist das «bürgerliche Gewand» und der «unverfängliche Name» nur Tarnung. «Die Regionalpartei 'Pro NRW' ist gefährlich für unsere Demokratie in Nordrhein-Westfalen», warnte der Minister am Montag bei der Vorstellung des Verfassungsberichts des Landes.

Die Partei ist zwar juristisch unabhängig, aber faktisch eng mit der lokalen «Bürgerbewegung Pro Köln» verflochten, die in Köln seit 2004 als Fraktion im Stadtrat sitzt. Bekannt wurde «Pro Köln» vor allem durch zwei «Anti-Islamisierungskongresse» und den Widerstand gegen die geplante Moschee in Köln-Ehrenfeld. Beide Vereinigungen haben mit Markus Beisicht den gleichen Vorsitzenden, auch weitere Personen finden sich sowohl in den Vorständen von «Pro Köln» als auch «Pro NRW» wieder. Rund 1.500 Aktivisten hat die Partei nach eigenen Angaben. Der Verfassungsschutz spricht von 80 Mitgliedern bei «Pro NRW» und 220 bei «Pro Köln».

Mittlerweile müsse die «Pro»-Bewegung im Rechtsaußen-Lager jedoch als starke Kraft angesehen werden, sagt Häusler. Der Mitarbeiter der Arbeitsstelle Neonazismus der Fachhochschule Düsseldorf sieht gerade in der Kulturalisierung des Rassismus eine Gefahr. Wer bei einer Unterschriften-Aktion für die NPD unterschreibe, der wisse, dass er eine offen rechtsextreme Partei unterstütze. Zu harten rassistischen Themen lasse sich nur eine Minderheit mobilisieren. Für ein mögliches Verbot von Minaretten ließen sich jedoch mehr Menschen ansprechen.

«Über den Umweg der Kultur wird versucht, die klassische Parole 'Ausländer raus!' mehrheitsfähig zu machen», warnt Häusler. Für «Pro NRW», so heißt es aus dem NRW-Innenministerium, gebe es eine ganz simple Gleichung: «Minarette = Moscheen = Islam = Islamismus = islamischer Terrorismus». Eine ganze Glaubensgemeinschaft werde so unter Generalverdacht gestellt und für eine Vielzahl gesellschaftlicher Missstände und Bedrohungen verantwortlich gemacht.

«Pro NRW» nutze und instrumentalisiere die real existierenden Probleme und Ängste in der Bevölkerung, sagt Häusler. Doch an einer Lösung sei die Partei nicht interessiert. «Die wollen im Gegenteil durch eine Eskalation Wählerstimmen gewinnen. Es wird bewusst an der Eskalationsschraube gedreht.»

Der Parteivorsitzende ist anderer Meinung: «Wir provozieren niemanden», sagt Beisicht und verweist auf die Meinungsfreiheit. Es sei eine völlig normale Angelegenheit, dass der Sternmarsch gegen Minarette, zu der «Pro NRW» am Sonntag bis zu 2.000 Demonstranten erwartet, an der größten Moschee Deutschlands vorbeiführe.

Die Bösen, das sind die anderen: «Es kann nicht angehen, dass ein Großteil der Gegendemonstranten erklärt, unsere Veranstaltung unmöglich zu machen», sagt Beisicht. Damit meint er die symbolischen Straßensperren, die ein Bündnis aus Parteien, Gewerkschaften und Kirchen für den Sonntag als Gegendemonstration geplant hat. Die Partei inszeniere sich bewusst in der Opferrolle, kommentiert der Soziologe Häusler diese Äußerungen.

Ein reines Wegschauen aber helfe nicht, sagt der Rechtsextremismusforscher. Nur so habe die Partei eine Leerstelle beim Thema Islam besetzen und für sich nutzen können. Die Ängste der Bevölkerung vor einer Islamisierung müssten nicht verschwiegen, sondern ernst genommen werden. «Die demokratischen Parteien dürfen sich das Thema nicht vom Butterbrot nehmen lassen», sagt Häusler und verweist auf die Duisburger Moschee.

Denn gerade die Merkez-Moschee sei ein Musterbeispiel dafür, wie mit einer offenen Kommunikationspolitik den Menschen die Angst genommen werden können. «Deshalb ist es den Rechten dort nicht gelungen, Fuß zu fassen», sagt Häusler. Auch der Sternmarsch wird daran wohl nicht viel ändern.