Vor 30 Jahren wurde in El Salvador Erzbischof Romero ermordet

Mit Mut und Demut

Es war ein flammender Appell: Am 23. März 1980 richtete Erzbischof Oscar Romero an die Soldaten von El Salvador den Aufruf: "Du sollst nicht töten" und notfalls den Befehl verweigern. Am nächsten Tag wurde Romero, 62 Jahre alt, bei einer Messe erschossen.

Autor/in:
Elvira Treffinger
 (DR)

Im Namen Gottes hatte der Geistliche den Machthabern befohlen: «Macht Schluss mit der Unterdrückung!» Damit hatte der Erzbischof sein Todesurteil unterschrieben. Aber Romero war nicht von Anfang an ein scharfer Kritiker der Herrschenden in El Salvador. Der am 15. August 1947 geborene Sohn eines Telegrafenarbeiters galt zunächst als konservativ und verschlossen. Romero war der Wunschkandidat des damals herrschenden Generals Molina und der päpstlichen Kurie, als er 1977 zum Erzbischof von San Salvador ernannt wurde.

Folter und Mord an der Tagesordnung
Immerhin hatte Romero 1970 bereits eine Kommission der Bischofskonferenz geleitet, die die «Infiltration marxistischer Analyse» in der Kirche in El Salvador untersuchte. Das mittelamerikanische Land stand vor einem Bürgerkrieg. Folter und Mord durch rechtsextreme Todesschwadronen waren an der Tagesordnung.

Romero wandelte sich, wurde zum «Bischof der Armen», mahnte aber stets zur Gewaltlosigkeit. Die Ermordung seines Freundes, des sozial engagierten Paters Rutilio Grande, wenige Monate nach seiner Berufung zum Erzbischof, war ein Wendepunkt in seinem Leben. Unermüdlich prangerte Romero nun Ungerechtigkeit und Unterdrückung an. Über das Radio wurden seine Predigten im ganzen Land bekannt.

Auch vom Papst ermahnt
Seine Gegner warfen ihm vor, sich nicht genug gegen den Marxismus und die aufkommende linke Guerilla abzugrenzen. Auch der Papst ermahnte Romero mehrmals. Unterdessen wurden immer mehr Pfarrer in El Salvador getötet. Im Februar 1980 forderte Romero US-Präsident Jimmy Carter auf, die Militärhilfe für El Salvador einzustellen.

Nur Wochen später fielen die tödlichen Schüsse, als der Erzbischof eine Seelenmesse las. Vier Scharfschützen waren in die Krankenhauskapelle eingedrungen. Zu Romeros Beerdigung sechs Tage später, am Palmsonntag, kamen 200.000 Menschen. Doch das Militär gab keine Ruhe. Plötzlich explodierten Bomben und Soldaten schossen auf die Trauergemeinde. Mindestens 40 Menschen starben.

Seligsprechung Romeros gefordert
Mehrere tausend Menschen haben nach einem Bericht der Tageszeitung "La Pagina" am Sonntag in El Salavdor die sofortige Seligsprechung Romeros gefordert. Die überwiegend jungen Demonstranten nutzten demnach einen Gedenkgottesdienst in der Hauptstadt San Salvador, um ihren Anliegen Gehör zu verschaffen. Der guatemaltekische Weihbischof Rodolfo Mendoza, der den Gottesdienst zelebrierte, bat die Menschen um Geduld: "Belassen wir die Entscheidung über die Seligsprechung Oscar Romeros in der Hand Gottes." Seit 1994 läuft ein Seligsprechungsprozess bei der zuständigen Kongregation in Rom.

Immer wieder ist die letzte Ruhestätte Romeros Anlaufstelle für lateinamerikanische Staats- und Regierungschefs: Ecuadors Präsident Rafael Correa und sein Amtskollege aus Paraguay, Fernando Lugo, machten in den vergangenen Monaten ihre Aufwartung. Vor allem für den ecuadorianischen Präsidenten Correa, Sozialist und überzeugter Katholik zugleich, hatte die Stippvisite dabei mehr als nur symbolischen Charakter. Viele linksgerichtete Politiker Lateinamerikas reichern ihre politischen Programme mit Elementen der auf dem Kontinent immer noch populären Befreiungstheologie an, als dessen prominenter Vertreter Romero gilt.

Ein Anfang scheint gemacht: In diesem Jahr wird erstmals auch die Regierung des mittelamerikanischen Landes an den Gedenkfeierlichkeiten teilnehmen, wie ein Sprecher bestätigte. Der sozialdemokratische Präsident Mauricio Funes kündigte an, sich im Rahmen der Feierlichkeiten für die unrühmliche Rolle des Staates beim Mordkomplott offiziell zu entschuldigen. Funes hofft, damit die immer noch großen Gräben der Gesellschaft zu überwinden. Denn Romeros Tod markierte den Beginn eines blutigen Bürgerkriegs in El Salvador, dessen Folgen bis heute zu spüren sind.