Positives Echo auf Irland-Brief

Merkel lobt Papst

Das Papstschreiben an die irischen Katholiken zum sexuellen Missbrauch hat nach Überzeugung von Bundeskanzlerin Angela Merkel Geltung auch für Deutschland. Papst Benedikt XVI. habe den "Hirtenbrief als Hirte der Weltkirche geschrieben", sagte Regierungssprecher Wilhelm in Berlin. Unterdessen beantragten die Grünen eine Aktuelle Stunde im Bundestag zum Thema sexueller Missbrauch.

 (DR)

Wilhelm sagte, das Schreiben gelte «universell», also auch die Fälle in Deutschland. Das Kirchenoberhaupt verurteile den Missbrauch und den Umgang kirchlicher Autoritäten mit seinem Brief. Nach den Worten Wilhelms begrüßte Merkel ferner das Vorgehen der bayerischen katholischen Bischöfe zur Aufklärung von Missbrauchsfällen. Dies sei auch mit Blick auf die Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz sehr wichtig. Ähnlich äußerte sich Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Sie nannte es in der «Berliner Zeitung» (Montag) bemerkenswert, dass in Bayern nun jeder kirchliche Verdachtsfall von den staatlichen Ermittlungsbehörden geprüft werde.

Aktuelle Stunde im Bundestag?
Unterdessen beantragten die Grünen eine Aktuelle Stunde im Bundestag zum Thema sexueller Missbrauch. Zur Begründung erklärte der Parlamentarische Geschäftführer Volker Beck, katholische Kirche und Bundesregierung hätten bislang keine «angemessene und hinreichende Antwort» auf die vielen Missbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen und weltlichen Schulen gefunden. Den Runden Tisch, den die Bundesregierung am 23. April starten will, bewertete Beck als falschen Weg.

Grünen-Parteichefin Claudia Roth forderte die Einrichtung einer unabhängigen Untersuchungskommission, «die Missbrauchsfälle flächendeckend in allen katholischen, staatlichen und privaten Institutionen lückenlos aufklärt». Den Papstbrief wertete die Politikerin in der «Rheinischen Post» (Montag) als enttäuschend. Mit keinem Wort sei er auf die Missbrauchsfälle in deutschen Einrichtungen eingegangen.
Evangelischen Kirche: Neue Opfer
Bei der Evangelischen Kirche im Rheinland (EkiR) meldeten sich in den vergangenen Wochen acht Männer und Frauen, die nach eigenen Angaben Opfer von Gewalt und Erniedrigung in evangelischen Einrichtungen wurden. Fünf Fälle beträfen Nordrhein-Westfalen und drei Rheinland-Pfalz, sagte Vizepräses Petra Bosse-Huber in Düsseldorf. Die Vorfälle hätten sich vor 30 bis 50 Jahren ereignet. Hinzu kämen die Vorkommnisse in der Düsseldorfer Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung «Educon» in Trägerschaft der Graf-Recke-Stiftung aus den Jahren 2008 und 2009.

Mit Blick auf Missbrauchsfälle warnten die Kinder- und Jugendärzte vor spärlich bekleideten Mädchen und Jungen in der Werbung. Unternehmen und Werbeagenturen sollten auf Abbildungen nackter oder fast nackter Kinder verzichten, erklärte der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in Köln.
Auch Therapeuten unter Verdacht
Nach einer Studie der Universität Köln werden jedes Jahr rund 300 Patienten in Deutschland Opfer sexueller Übergriffe in der Therapie. Jeder zehnte männliche Therapeut habe schon einmal sexuellen Kontakt zu einer Patientin gehabt habe, berichtet die im bayerischen Nittendorf erscheinende Zeitschrift «Der Allgemeinarzt» in ihrer April-Ausgabe.

Am Montag riefen Aktivisten der Selbsthilfeorganisation SNAP (Netzwerk der Überlebenden von Missbrauch durch Priester) vor dem Münchner Ordinariat Opfer in Deutschland auf, sich zu organisieren. SNAP wurde 1988 gegründet und vertritt nach eigenen Angaben etwa 9.000 Missbrauchsopfer in den USA und anderen Ländern.