Erzbischof Zollitsch begrüßt Einigung auf Runden Tisch - Kein Entschädigungfonds in Planung

An einem Strang

Die Deutsche Bischofskonferenz begrüßt, dass die Bundesregierung sich auf einen einzigen Runden Tisch zur Aufarbeitung des Missbrauchsskandals verständigt hat. Der Konferenzvorsitzende, Erzbischof Robert Zollitsch, erklärte am Mittwoch in Berlin gegenüber der KNA, dass die katholische Kirche alles tun werde, um eine lückenlose Aufklärung und vollständige Transparenz zu garantieren.

Vertrauen: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Erzbischof Robert Zollitsch (KNA)
Vertrauen: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Erzbischof Robert Zollitsch / ( KNA )

Zollitsch war am Mittwoch in Berlin mit den kirchen- und religionspolitischen Sprechern der Bundestagsfraktionen zusammengetroffen. Bei der Begegnung ging es vor allem um die aktuelle Lage zum sexuellen Missbrauch an Minderjährigen.
Übereinstimmend erklärten die Gesprächsteilnehmer, dass dieses Problem eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung sei und nicht auf die katholische Kirche reduziert werden dürfe. An dem Gespräch nahmen Siegmund Ehrmann (SPD), Maria Flachsbarth (CDU/CSU), Stefan Ruppert (FDP) und Josef Winkler (Bündnis 90/Die Grünen) teil.

Laut anschließend verbreiteter Erklärung betonten alle Teilnehmer an dem Treffen die Notwendigkeit, dass sich in der Gesellschaft noch stärker eine Kultur des aufmerksamen Hinschauens entwickeln müsse. Die Parlamentarier ermutigten Zollitsch, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte zuvor mitgeteilt, dass sich die Bundesregierung nun doch auf einen gemeinsamen Runden Tisch zur Aufarbeitung des Skandals geeinigt habe. Die FDP-Politikerin hatte zuvor für einen eigenen Runden Tisch für Missbrauchsfälle in der Kirche plädiert.

Merkels Verdienst
Die Schaffung eines einzigen Rundes Tisches geht offenbar auf Bestrebungen von Merkel zurück. Es sei Anliegen der Kanzlerin gewesen, die verschiedenen Aktivitäten in dieser Frage zu bündeln und eine gemeinsame Plattform zu organisieren, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Mittwoch in Berlin. Der Runde Tisch lasse Raum für die unterschiedlichen Zuständigkeiten der drei beteiligten Bundesministerien für Justiz, Familien und Bildung.

Nach Angaben eines Sprechers des Bundesjustizministeriums gibt es aber bislang noch keine Einigung darüber, wer konkret zu dem Runden Tisch einlädt - ob nur ein Ministerium, alle drei oder das Bundeskanzleramt. Das Familienministerium bestätigte, dass aber auf jeden Fall der von ihm ausgegebene Termin für die erste Zusammenkunft am 23. April bestehen bleibe.
Zur Frage der Beteiligten am Runden Tisch sagte Ministeriumssprecher Hanno Schäfer: «Es werden Vertreter aus Politik und Gesellschaft sein. Und wir werden sicherstellen, dass auch die Betroffenen in angemessener Weise vertreten sein werden.» In welcher Form die Betroffenen beteiligt werden sollten, führte er nicht näher aus. Regierungssprecher Wilhelm betonte, hinsichtlich der Einladungsfrage gebe es «nur noch technischen, aber keinen inhaltlichen Abstimmungsbedarf».

Merkel sprach am Mittwoch vor dem Bundestag von einer «Bewährungsprobe für die ganze Gesellschaft». Es komme darauf an, dass die Opfer sich in dieser Gesellschaft wieder anerkannt und aufgehoben fühlen könnten und «wenigstens das Stück Wiedergutmachung bekommen, das man im Nachhinein noch schaffen kann», sagte Merkel am Mittwoch in der Generaldebatte über den Haushalt.

Entschädigungsfonds nicht beschlossen
Die Deutsche Bischofskonferenz hat derweil Meldungen dementiert, sie wolle zur Entschädigung von Missbrauchsopfern einen Fonds einrichten. Sprecher Matthias Kopp sagte am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Bonn, darüber sei bislang nicht gesprochen worden. Über Formen und Wege der Hilfe müsse sorgfältig beraten werden.

Kopp verwies zugleich darauf, dass bereits die Leitlinien der Bischofskonferenz von 2002 «menschliche, therapeutische und pastorale Hilfen» für Opfer und Angehörige vorsehen. Es werde bereits Hilfe in vielfacher Form angeboten.

Die «Süddeutsche Zeitung» hatte in ihrer Online-Ausgabe berichtet, die Bischöfe wollten einen Fonds zur Entschädigung der Opfer sowie zur Aufklärung und Prävention einrichten oder sich an einem Fonds mehrerer Institutionen und des Staates beteiligen. Vorbild solle jener Fonds sein, den die Bischöfe im Jahr 2000 für ehemalige Fremd- und Zwangsarbeiter in katholischen Einrichtungen im Zweiten Weltkrieg einrichtete.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, hatte sich zuvor offen für Formen der materiellen oder immateriellen Anerkennung für die Opfer gezeigt. Sie müsse aber den Menschen gerecht werden. «Wir wollen uns nicht durch bestimmte Summen freikaufen», sagte der Trierer Bischof. Auch der Leiter des Katholischen Büros, Karl Jüsten, sagte im ARD-Morgenmagazin: «Im Prinzip bekennt sich die Kirche zu ihrer Verantwortung, dass sie den Menschen helfen muss». Derzeit diskutiere die Bischofskonferenz, wie man Betroffenen auch materiell helfen könne.

Bayern: Verlängerung der Verjährungsfristen
Bayern arbeitet derzeit an einer Bundesratsinitiative, die eine Verlängerung der Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch im Strafgesetzbuch vorsieht. Das bestätigte das bayerische Justizministerium dem epd. Derzeit liegt die Verjährungsfrist nach Beginn der Volljährigkeit bei zehn Jahren. Diese Frist solle auf 30 Jahre erhöht werden, damit die Opfer auch später noch Gelegenheit haben, juristisch gegen einen Gewalttäter vorzugehen.

Das Bundesjustizministerium sieht den bayerischen Weg mit Bedenken. Ein Sprecher sagte dem epd, es sei zweifelhaft, ob den Opfern mit einer Verschärfung des Strafrechts gedient sei. Für die Opfer würde dies eine neuerliche Konfrontation mit der Tat bedeuten - unter Umstände nach vielen Jahren. Die Wahrscheinlichkeit, ein Verbrechen aufzuklären, nehme im Laufe der Zeit aber eher ab.