Aufregung um den Wiederaufbau der "Churva"-Synagoge

Licht und Schatten über Jerusalem

Kampf an zwei Fronten: Israel und die USA streiten über den Siedlungsbau in Ost-Jerusalem. Und in der israelischen Hautstadt stößt die heimische Polizei auf palästinensische Demonstranten. Die haben einen "Tag des Zorns" ausgerufen, um gegen die Einweihung des Neubaus einer alten Synagoge zu protestieren.

Autor/in:
Gabi Fröhlich
 (DR)

Der Jerusalemer Himmel ist gelb-braun gefärbt, als die "Churva"-Synagoge wieder eingeweiht wird. Die Temperaturen sind plötzlich gefallen, viele Besucher frösteln. Das Wetter scheint die angespannte Stimmung rund um die Feier am Montagabend widerzuspiegeln. Oberrabbiner Jona Metzger und Bürgermeister Nir Barkat eilen mit den anderen Festgästen schnellen Schrittes ins Innere des Gebetshauses.

Die "Churva" ist ein symbolträchtiger Ort: Mitten im jüdischen Altstadt-Viertel gelegen war die hoch aufragende Synagoge mit den vier Rundbögen bis zu ihrer Zerstörung vor 62 Jahren ein Zentrum des aschkenasischen Judentums. Doch 1948 stürmten jordanische Truppen im ersten israelisch-arabischen Krieg die Altstadt, vertrieben alle jüdischen Bewohner. Die Synagogen wurden zerstört.

Damit lag die Churva bereits zum zweiten Mal in Trümmern. Denn schon 1700 hatten polnische Juden eine Synagoge an dieser Stelle errichten wollen, mussten jedoch aus Geldmangel aufgeben. Die Bauruine kam in muslimische Hand, verfiel. Erst 1864 wurde eine prächtige Synagoge an der Stelle errichtet - die im Volksmund den Namen "Churva" (Ruine) behielt.

Originalgetreu wiederauferstanden
Der Neubau, über dessen Wände jetzt eine bunte Lichtershow flackert, gleicht dieser alten Synagoge auf den Stein. "Wir haben uns darum bemüht, die einstige Churva originalgetreu wiedererstehen zu lassen" sagt Gilad Bar-Adon, dessen Firma die Arbeiten durchgeführt hat. "Lediglich bei sanitären Einrichtungen und ähnlichem haben wir uns modernen Standards angepasst". Auftraggeber für das umgerechnet fast acht Millionen Euro schwere Unternehmen waren Stadt und Regierung. Finanziert wurde es jedoch überwiegend durch Spender, namentlich durch den ukainisch-jüdischen Geschäftsmann Vadim Rabinovitch.

Dass die "Churva" erst so lange nach der Eroberung Ostjerusalems durch die israelischen Truppen im Sechstagekrieg 1967 wiedererbaut wurde, zeigt, wie umstritten das Projekt war. Zunächst hatte man für eine Beibehaltung der Ruinen als Mahnmal der Zerstörung optiert und 1978 lediglich einen der großen Stützbögen nachgebaut - ein beliebtes Fotomotiv für Besucher. Doch 2000 stimmte die Regierung einem Neubau zu. 2005 wurde mit den Arbeiten begonnen.

Muslime demonstrieren
Zahlreiche Schaulustige beobachten die von schwer bewaffneter Polizei geschützten Vorbereitungen für die Einweihung - die meisten mit Befriedigung: "Zweimal haben die Araber die Synagoge zerstört", sagt Ladenbesitzer Pinchas. "Aber jetzt sind wir hier und bestimmen, was getan wird." Und ein älteres Ehepaar auf einer Parkbank meint: "Unsere messianischen Träume werden ein Stück wahr: Es ist zwar noch nicht der Tempel, aber wir sind nah dran." Jerusalems stellvertretende Bürgermeisterin Naomi Tzur stellte unterdessen klar: Ein von vielen ersehnter Neubau des Tempels auf dem Areal von Felsendom und El-Aksa-Moschee sei nicht geplant - "die Klagemauer bleibt für uns Juden der Ort des Gedenkens an den alten Tempel."

Trotzdem demonstrieren Muslime seit Tagen zum "Schutz der El-Aksa-Moschee" und liefern sich Straßenschlachten mit israelischen Sicherheitskräften. Dass national-religiöse Juden vor einigen Tagen arabische Flugzettel verteilten, auf denen sie alle "Nicht-Juden" unter Verweis auf die heiligen Schriften zum Verlassen des gelobten Landes aufriefen, heizte die Stimmung weiter auf.

Kein leichtes Unterfangen
Neben der "Churva" ragt übrigens das einzige Minarett des jüdischen Altstadt-Viertels empor, ein Relikt aus dem 15. Jahrhundert. Die Überlieferung will, dass eine zum Islam konvertierte jüdische Familie hier die "Sidi-Umar-Moschee" errichten ließ, um ihre jüdischen Nachbarn zu ärgern. Und nicht weit entfernt befindet sich die aus dem 13. Jahrhundert stammende "Ramban"-Synagoge der sephardischen Gemeinschaft - die den Rummel um die "Churva" ebenfalls mit leichtem Misstrauen beobachtet.

Noch ist nicht klar, welche Gemeinschaft in der "neuen alten" Synagoge beten wird - ein Komitee soll die verschiedenen jüdischen Strömungen zusammenbringen. Angesichts der Spannungen kein leichtes Unterfangen. Für Besichtigungen ist die "Churva" jedoch bereits geöffnet.