Erzbistum München-Freising räumt Einstellung eines belasteten Priesters in den 80ern ein

Missbrauchsfall in München

Die Erzdiözese München-Freising hat in den 1980er Jahren einen Priester trotz Missbrauchsvorwürfen und Verurteilung in der Seelsorge eingesetzt. Das Erzbistum München-Freising erklärte am Freitagabend, eine von Generalvikar Peter Beer eingesetzte Arbeitsgruppe sei auf "schwere Fehler" im Umgang mit einem Priester gestoßen.

 (DR)

Der Vatikan hat eine Stellungnahme zum jüngst bekanntgewordenen Missbrauchsfall im Erzbistum München-Freising abgelehnt. In einer am Freitagabend verbreiteten Erklärung verweist der Pressesaal des Heiligen Stuhls auf die Stellungnahme des Münchner Erzbistums zu dem Fall. Demnach habe der damalige Münchener Generalvikar Gerhard Gruber die «volle Verantwortung» für den Einsatz eines pädophilen Priesters in der Seelsorge übernommen.

Zuvor hatte die «Süddeutscher Zeitung» (Samstag) berichtet, dass das Erzbistum in den 1980er Jahren einen Priester trotz Missbrauchsvorwürfen und Verurteilung in der Seelsorge eingesetzt habe. Das ereignete sich während der Amtszeit von Joseph Ratzinger als Erzbischof von München und Freising.

Laut einer Erklärung des Erzbistums München-Freising vom Freitag ist eine von Generalvikar Peter Beer eingesetzte Arbeitsgruppe auf «schwere Fehler» im Umgang mit einem Priester gestoßen. Den Anstoß dazu hätten Hinweise der «Süddeutschen Zeitung» gegeben. Für die «falschen Entscheidungen» übernehme der damalige Generalvikar Gruber die Verantwortung, hieß es. Er bedauere zutiefst, dass es dadurch zu einem Vergehen mit Jugendlichen habe kommen können.

Die Recherchen der Arbeitsgruppe ergaben, dass die Erzdiözese im Januar 1980 auf Bitten des Bistums Essen einen Kaplan aufgenommen hatte. Der Aktenlage nach scheint bekannt gewesen zu sein, dass der Priester in München eine Therapie vermutlich wegen sexueller Beziehungen zu Jungen machen sollte. Um dies dem Geistlichen zu ermöglichen, sei ihm eine Unterkunft in einem Pfarrhaus gewährt worden.

Der Beschluss sei auch von Joseph Ratzinger mitgefasst worden, der von 1977 bis 1982 Münchner Erzbischof war, heißt es in der Mitteilung. Davon abweichend habe Generalvikar Gruber den Kaplan «uneingeschränkt zur Seelsorgemithilfe» in einer Münchner Pfarrei angewiesen. Bis August 1982 lägen keine Beschwerden über den Mann vor. Danach habe er bis Anfang 1985 seelsorglich in Grafing gewirkt. Als dort die Polizei wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs zu ermitteln begann, sei der Priester am 29. Januar 1985 vom Dienst entpflichtet worden.

Das Amtsgericht Ebersberg verurteilte den Kaplan im Juni 1986 wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger, wie das Erzbistum weiter bestätigte. Gegen ihn wurde eine 18-monatige Freiheitsstrafe auf Bewährung und eine Geldstrafe verhängt. Die Bewährungszeit sei auf fünf Jahre festgesetzt worden. Außerdem sei der Verurteilte angewiesen worden, sich in eine Psychotherapie zu begeben.

Von November 1986 bis Oktober 1987 sei der Geistlicher als Kurat in einem Altenheim tätig gewesen, danach bis 2008 in einer Gemeinde in Garching/Alz. Für den erneuten Einsatz in der Pfarrseelsorge seien offenbar «die relativ milde Strafe» des Amtsgerichts und die Ausführungen des behandelnden Psychologen ausschlaggebend gewesen, heißt es in der Mitteilung. Zudem wird betont, dass dem Ordinariat seit dem Gerichtsurteil keine weiteren Vorfälle mehr bekanntgeworden seien.

Ab Mai 2008 sei der Priester von seinen Aufgaben als Pfarradministrator entpflichtet und ab Oktober in der Kur- und Tourismusseelsorge eingesetzt worden. Ihm sei zur Auflage gemacht worden, keine Jugend- und Ministrantenarbeit mehr machen zu dürfen. Ein auf Wunsch des neuen Münchner Erzbischof Reinhard Marx erstelltes forensisches Gutachten habe aus Sicht des Ordinariats gegen den Verbleib des Mannes in der Pfarrseelsorge gesprochen.